eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 29/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
1201
2018
295 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Zeitsouveränität in Projekten und die Suche nach strukturellen Lösungen zu flexiblem Arbeiten

1201
2018
pm2950055
NACHRICHTEN 55 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 organisationaler Rahmenbedingungen voran, um aus den bisherigen individuellen Lösungen betriebsspezifische Lösungen zu entwickeln. Infolge der Digitalisierung nehmen dynamische Projekte zu beziehungsweise werden immer zahlreicher aufgelegt, wie solche, die zum Beispiel Prototyping-Lösungen suchen [7]. Dieses ist nicht nur in der Produktentwicklung zu beobachten, auch in der Nachfrage nach wissensintensiven Dienstleistungslösungen erscheinen Schnelligkeit und Vorläufigkeit von Lösungen für eine agile Bearbeitung von Produkten und Dienstleistungen aussichtsreich. Das trifft selbstverständlich für die sogenannte Wissensarbeit in Projektstrukturen voll zu. Wenn sich dieses intensiviert, zudem verschiedene Formen sich ausdifferenzieren und insgesamt immer mehr auch übergreifende Projekte ereilt, kommen individuelle Gestaltungsszenarien zur zeitlichen und räumlichen Arbeitssouveränität an ihre Grenzen. Zudem stellt räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten in Teil- und Unterprojektgruppen - in der Regel arbeitsteilig über den Globus verstreut - hohe Anforderungen an die digitalen Infrastrukturen von Projekten und den mit ihnen zusammenarbeitenden Organisationen und Institutionen. 3 Zeitsouveränität in Planung und Rahmung eines entsprechenden Kulturwandels in Organisationen Gegenwärtig sind Organisationskulturen stark von Arbeitszeitarrangements geprägt, sodass - auch in Projekten - überlange Arbeitszeiten, dauerhafte Präsenz, Reisebereitschaft sowie eine lückenlose Erwerbstätigkeit [5, 9] die Norm bilden. Auf der Forschungsbasis bestätigt sich, dass individuelle Lösungen einer Vereinbarkeit von Arbeit und Privatheit möglich sind und auch vielfach gefunden werden können. Sie entbehren jedoch Lösungsmöglichkeiten und damit integrierten Lösungserwartungen einer effizienten und sinngebenden Zusammenarbeit in Projekten, mit mehreren Projekten untereinander und in der Kooperation mit anderen Organisationseinheiten. Strategien, wie zum Beispiel integrale Führung, die für „bessere“ Organisationen in Anspruch genommen wird, erhalten Zuspruch. Sie sollen die Befähigung haben, mehr Sinn zu stiften oder Rahmenbedingungen für eine Sinnstiftung zu ermöglichen. Wie wird in ihnen und allgemein in wissensintensiven auf soziale Praktiken gelenkt, wie Inhalte und Arbeitsweisen die Ausführung von Arbeit lenken, das heißt wie Arbeitszeit souverän in Organisationen wandelbar werden kann, um vielfältige Zielsetzungen wie Zufriedenheit und Sinnorientierung bei gleichermaßen berücksichtigter Effizienz durch Innovation zu ermöglichen. Betriebsspezifische Rahmenbedingungen und ihre sozialen Praktiken sind der Reflexion und eines Diskurses zugänglich zu machen, um neue Lösungen für flexibles Arbeiten zu finden. 2 Flexibilisierung und Trends von Arbeitszeitregelungen in Projekten Insgesamt stellt sich die Frage, wie alle an Projekten beteiligten Akteure sich auf die neuen Herausforderungen ausrichten und wie Organisationsdynamiken durch neue Verschränkungen bisher getrennter Sphären technischer Gegebenheiten und sozialer Praktiken infolge der Digitalisierung vorangetrieben werden können, um strukturelle Lösungen für alle Stakeholder gleichermaßen anbieten zu können. Welche Entwicklungen in diesen Projektdynamiken flexibles Arbeiten nehmen kann, ist hier von Interesse. Innovationen werden mithilfe der Digitalisierung und möglicher Restrukturierung der betriebsspezifischen Rahmenbedingungen angestrebt. In ihnen können Potenziale einer kompetenten Selbstbestimmung und Souveränität von Arbeit und Selbstorganisation der Arbeitsleistungen von kulturellen Praktiken in Raum- und Zeitgestaltung in temporären Projektstrukturen [1] verortet werden. Bei der Ausrichtung auf ausschließlich individuelle Lösungen zur Vereinbarkeit von Arbeit und Privatheit sind diese Wünsche und Planungen mit organisationalen Rahmenbedingungen agiler zu entwickeln, als es bisher in der Regel der Fall ist. Viele Unternehmen und Organisationen scheuen sich, individuelle Lösungen in größerem Umfang zuzulassen [2], weil die Organisationsstrukturen diese Flexibilität nur schwer ermöglichen. Mit dem Fokus auf soziale Praktiken in der Projektarbeit wird die Dynamik und Flexibilität versucht gezielter einzufangen und das soziale Geschehen in informellen Ablaufprozessen in seiner Dynamik und Zirkulation transparent zu machen [3, 4]. Dort, wo standardisierte Projekte die Regel der Arbeit in temporären Projektorganisationsstrukturen sind, schreiten Ordnungen für die Einführung 1 Aktueller Anlass Kaum etwas wird in Unternehmen und Organisationen insgesamt häufiger und kontroverser diskutiert als der angemessene Umgang mit der Arbeitszeit. Je weiter und tiefergehender sich die Digitalisierung ausbreitet und je konkreter ihre Herausforderungen werden, umso offensichtlicher wird, dass sie neue Formen von Arbeitszeiten fordert, welche vor allem selbstverantwortet in digitalisierten Projektwelten zu leisten sind. Insbesondere der Innovations- und Wissenssektor wird wie kein anderer durch die Digitalisierung geprägt und entwickelt sich zu einer Digitalarbeit. Diese ermöglicht in der Projektwirtschaft derzeit bereits arbeitssouveränes Arbeiten - im Sinne eines zeit- und raumunabhängigen Arbeitens -, das immer größere und diversifiziertere Ausmaße erreicht - und sich somit als beständig wachsende Herausforderung für Organisationsentwicklungsansprüche etabliert. Insgesamt nehmen Komplexität und Schnelligkeit von Prozessen und Aufgaben zu. Demgegenüber scheinen aktuell jedoch die passenden Organisationskulturen zu fehlen, um mit selbstbestimmten kooperativen Arbeitsformen die Erreichbarkeit und Bearbeitung global verteilter Projekte zur Zufriedenheit aller zu koordinieren. Arbeitszeit und flexibles Arbeiten sind und bleiben daher das Megathema in Wirtschaft und verschiedenen gesellschaftspolitischen Feldern [2, 8], da Lösungserwartungen infolge der fortschreitenden Digitalisierung systemisch zu integrieren sind. Zurückliegend konzentrierte sich die Diskussion auf Formen individueller Lösungsansätze für die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatheit durch mehr Flexibilisierung und Mobilisierung. Gegenwärtig wird die Aufmerksamkeit zunehmend auf organisationale Prozesse und damit verbundene Kulturen gelegt. Damit werden die Möglichkeiten hinsichtlich ihrer Befähigung hinterfragt, wie und mithilfe welcher Instrumente dezentrale Organisationskulturen diese innerhalb verbindlicher Strukturen aus ihrer Mitte heraus neu generieren können, die entsprechende Kompetenzen für die souveräne Steuerung flexiblen Arbeitens anbieten können. Es geht um die betriebsspezifischen Modalitäten einer handhabbaren Umsetzung. Anliegen ist, die Koordination derartiger Formate für eine Bearbeitung technischer und sozialer Potenziale in ihrer Komplexität zu erhalten und gleichermaßen steuerbar zu gestalten. Damit wird das Interesse Zeitsouveränität in Projekten und die Suche nach strukturellen Lösungen zu flexiblem Arbeiten 56 NACHRICHTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Projektstrukturen der Faktor Arbeitszeit, genereller: Arbeitssouveränität behandelt? Es bedarf daher weitergehender Analysen, die strukturell-dynamische Lösungen für eine effektive und effiziente Gestaltung von Arbeitszeit und souveräne Projektarbeit innerhalb von Projektstrukturen und der gegebenen Zusammenarbeit im Sinne des Wandels von individuellen zu strukturellen Prinzipien vorantreiben. 4 Bitte um Teilnahme an der neuen GPM Studie 2019 Im Auftrag der GPM wird 2019 eine Studie durch die Autoren dieses Artikels zu den Einschätzungen und Erfahrungen zu Arbeitszeiten in Projekten durchgeführt. Ziel ist es, den aktuellen Status quo der Digitalarbeit sowie die Bedarfe der Digital- und Wissensarbeit zu identifizieren, um daraufhin geeignete Maßnahmen für eine effektive und effiziente Gestaltung von Arbeitszeit und souveräne Projektarbeit zu erarbeiten. Wir möchten Sie schon jetzt auf diese Studie aufmerksam machen und sind auf Ihre Teilnahme angewiesen, da die Lösungen auch für Sie von Interesse sein sollen. Autoren: Sibylle Peters, Jörg v. Garrel, Ansgar Düben, H.-Liudger Dienel Literatur [1] Elbe/ Peters: Die temporäre Organisation. Grundlagen in Kooperation, Gestaltung und Beratung, Springer/ Gabler, Berlin u. a. 2016 [2] AWV (Hrsg.): Personalmanagement im Zeitalter der Digitalisierung. Teil IV: Flexibles Arbeiten. Online-Veröffentlichung, 2018 [3] Peters/ v. Garrel/ Düben/ Dienel: Der souveräne Umgang mit Arbeitszeit in Projekten. Freiheit oder Selbstausbeutung? In: projektManagement aktuell 3/ 2016, S. 65-71 [4] Peters/ v. Garrel/ Düben/ Dienel: Arbeit - Zeit - Souveränität. Eine empirische Untersuchung zur selbstbestimmten Projektarbeit. München/ Mehring 2016 [5] Holst, E./ Marquardt: Die Berufserfahrung in Vollzeit erklärt den Gender Pay Gap bei Führungskräften maßgeblich. In: DIW Wochenbericht, 30 + 31, 2018 [6] Reckwitz, M.: Die Gesellschaft der Singularitäten. Frankfurt 2017 [7] Laloux, F.: Reinventing Organisations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. München 2015 [8] BMAS (Hrsg.): Gewünschte und erlebte Arbeitsqualität. Forschungsbericht, 456, 2015 [9] Holst, E./ Bringmann, J.: Arbeitszeitwünsche von Beschäftigten: eine Black Box? Zur Unschärfe der Ermittlung von Unter- und Überbeschäftigung. In: EIW Roundup, Heft 106, 2017 [10] Schoper, Y./ Huemann, M.: Ungewissheit in Projekten nutzen. In: projektManagement aktuell 1/ 2018 Haftungsausschluss Die Inhalte dieser Zeitschrift werden von Verlag, Herausgeber und Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Websites, auf die verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen dieser Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung.