PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
0101
2019
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.PM² – der neue Projektmanagementstandard der EU
0101
2019
Yvonne Schoper
Dietmar Prudix
Unbeachtet von den meisten Projektmanager/-innen gibt es seit 2018 einen neuen Projektmanagementstandard in der Europäischen Union: PM2. Was ist der Hintergrund dieses neuen Standards? Was sind die Besonderheiten? Was bedeutet er für unser bisheriges Verständnis von Projektmanagement? Der folgende Beitrag soll den aktuellen Stand skizzieren.
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PM 2 - der neue Projektmanagementstandard der EU Autoren: Yvonne Schoper, Dietmar Prudix basiert auf einem mehrjährigen Finanzrahmen, der den Programmplanungszeitraum für die spezifischen Ziele widerspiegelt, die die EU innerhalb mehrerer Jahre erreichen will. Ein wesentliches Element, das die Reife einer Organisation im Hinblick auf das Management von Projekten demonstriert, ist die Entwicklung oder Anpassung einer organisationsspezifischen Projektmethodik. Im Falle der EU wird dies nun durch eine eigene Projektmanagementmethodik realisiert. In den vergangenen Jahren hat die EU den Standard „Project Cycle Management“ (PCM) für die Durchführung ihrer Projekte empfohlen. Er wurde von der Europäischen Kommission als Instrumentarium für Projektdesign und -management angepasst. Das erste PCM-Handbuch wurde 1993 erstellt und dann weiter aktualisiert. Ziel dieser Leitlinien war es, gute Managementpraktiken und effektive Entscheidungsfindung während des gesamten Projektmanagementzyklus, von der Programmdefinition bis zur Planung, Durchführung und Bewertung, zu unterstützen [3]. In diesen Richtlinien wurden die Leitlinien für von der EU kofinanzierten Projekte beschrieben. Der PCM-Standard war ein Werkzeug, um die Beziehung zwischen den Projekten und den Megaprogrammen in der EU zu definieren. 20 Jahre später wurde die Entwicklung einer eigenen Projektmanagementmethodik von der Europäischen Kommission beauftragt. Diese Methode PM² wird derzeit als Modellmethode für die Durchführung von Projekten empfohlen, die von der EU finanziert werden. PM² wurde auf der Grundlage der spezifischen Bedürfnisse der EU und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Projektimplementierungsumgebung der EU entwickelt. Es enthält die klassischen Elemente des Projektzyklusmanagements und In den vergangenen Jahrzehnten haben sich aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und entsprechend verschiedenen Management- und Führungsleitbildern eine Reihe verschiedener Projektmanagementansätze auf dem Markt etabliert. Als wesentliche internationale Projektmanagementstandards sind die ICB, PEB und OCB von der International Project Management Association (IPMA), das PMBoK des Project Management Institute (PMI) und Prince2 zu nennen, der vom britischen Office of Government Commerce herausgegeben wird. Zudem kam vor ein paar Jahren Scrum von der Scrum Alliance Community hinzu. Nun gibt es einen weiteren Projektmanagementstandard: Das Centre of Excellence in Project Management CoEPM² der Europäischen Kommission hat den Guide on Project Management Methodology (abgekürzt: PM²) herausgegeben. Was ist das Neue daran? Was bedeutet dieser neue Standard für die unterschiedlichen Stakeholdergruppen? Was bedeutet er für unser bisheriges Verständnis von Projektmanagement? Diesen Fragen geht der nachfolgende Artikel auf den Grund. Hintergrund und Notwendigkeit eines neuen europäischen Projektmanagementstandards Die Umsetzung der Politik der Europäischen Union (EU) basiert im Wesentlichen auf Förderprogrammen und Projekten. Die EU ist ein starker Promotor projektbezogener Aktivitäten und Treiber für die Anwendung der Projektmanagementlogik im Bereich der öffentlichen Angelegenheiten [1]. An der Umsetzung von EU-Projekten sind lokale Akteure, Einrichtungen in Mitgliedsstaaten und EU-Agenturen beteiligt. Wesentlicher Bestandteil der EU ist die Idee der Strategieumsetzung durch Projekte. Der 7-Jahres-Haushalt der EU beträgt für die Periode 2014 bis 2020 in Summe 959,9 Mrd. EUR [2]. 6 Prozent dieses Budgets kostet die EU-Verwaltung, während die restlichen 94 Prozent (902 Mrd. EUR) für die Umsetzung der EU-Programme verwendet werden. Dabei hat die EU ihre Aktivitäten nicht von Anfang an auf Projekte ausgerichtet. Die ersten Schritte projektbezogener Verteilung von Mitteln begannen in den späten 1970er-Jahren. Damals basierte die Mittelverteilung auf der jährlichen Kostenerstattung, die bei den Mitgliedsstaaten im Rahmen der für die EU zur Verfügung gestellten Mittel entstanden war [1]. In den 1980er-Jahren wurde die Umsetzung von Programmen zur Unterstützung der lokalen Entwicklung in den Regionen durch die Reform des EU-Haushaltssystems und projektbasierte Richtlinien vorbereitet. Der EU-Haushalt >> Für eilige Leser Unbeachtet von den meisten Projektmanager/ -innen gibt es seit 2018 einen neuen Projektmanagementstandard in der Europäischen Union: PM 2 . Was ist der Hintergrund dieses neuen Standards? Was sind die Besonderheiten? Was bedeutet er für unser bisheriges Verständnis von Projektmanagement? Der folgende Beitrag soll den aktuellen Stand skizzieren. 20 POLITIK UND GESELLSCHAFT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019 basiert auf den Erfahrungen aus vielen internen und externen Projekten der EU [3]. Ziel von PM² ist es, Projektteams in die Lage zu versetzen, Projekte effektiv und effizient zu bearbeiten, um Lösungen und Nutzen für ihre Organisationen und Stakeholdergruppen zu liefern. Dabei soll die Abwicklung und Kommunikation von Projektarbeit wirksamer gestaltet werden, um auf diese Weise den Zielen der EU und den Erfordernissen der Mitgliedsstaaten und Unionsbürger zu dienen [3]. PM² wurde von der Europäischen Kommission zunächst für den internen Gebrauch entwickelt und dann in unterschiedlichen EU- Institutionen erfolgreich eingeführt. Die Methode ist einfach zu nutzen und speziell auf die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors und EUgeförderter Projekte abgestimmt. PM² übernimmt dabei wichtige Elemente etablierter Projektmanagementstandards, legt den Fokus dabei aber auf die leichte Anwendbarkeit und Skalierbarkeit und auf die Vermeidung komplexer Prozessabläufe. Was PM² von anderen PM-Methoden unterscheidet, sind die unterschiedlichen Größenordnungen, für die es angewendet werden kann. Ziele von PM 2 PM² ist eine schlanke Projektmanagementmethodik, die Projektteams auf ihre spezifischen Anforderungen zuschneiden können. Sie wurde speziell für das Umfeld und die Anforderungen von EU-Institutionen und öffentlichen Verwaltungen entwickelt. Da sie Teile von bestehenden Standards und Techniken des Projektmanagements beinhaltet, kann sie von allen Organisationen angewandt werden. Das Ziel von PM² ist eine gemeinsame Projektmanagementsprache und -prozesse für Projekte innerhalb der EU, die Projektmanagementkompetenz aller Stakeholder zu stärken und so die Projekteffizienz und den Projekterfolg innerhalb der EU zu steigern. PM² ist eine für alle frei zugängliche Methode zur Projektgovernance (d. h. die für Definition der Rollen und Verantwortlichkeiten), im Projektlebenszyklus (d. h. in allen Projektphasen), für PM-Prozesse (d. h. für Projektmanagementaktivitäten), Projektartefakte (inklusive Mustervorlagen und Leitlinien für die Projektdokumentation) und Denkweisen (Einstellungen und Verhalten). Ergänzt wird PM 2 durch eine Reihe von Tools & Techniken, Portfoliomanagement, agiles PM. Hervorzuheben ist, dass die PM-Methodik auf dem europäischen Werteverständnis und auf Ethikgrundsätzen basiert. Der darin enthaltene Projektgovernanceansatz stärkt die Verantwortung sowohl des Projektauftraggebers als auch des Projektmanagers und der Teammitglieder. Open PM² ist der Name der Initiative der Europäischen Kommission, um die neue PM²- Methodik und ihren Nutzen allen Stakeholdern näherzubringen. Die Philosophie von Open PM² ist es, allen einen freien Zugang zur PM²- Projektmanagementmethodik zu geben. Abbildung 1 veranschaulicht diese Vision der EU. OPM 2 soll die Wiederholung von Fehlern aus der Vergangenheit vermeiden helfen. Anstatt Maßnahmen doppelt umzusetzen oder uneinheitliche Projektmanagementansätze zu fördern, soll nun durch die einheitliche Methodik das gemeinsame Interesse und Verständnis der EU-Gemeinschaft unterstützt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist, durch die Verbreitung der PM²-Methodik die Projektmanagementkompetenz aller Stakeholder in der EU zu stärken und so die Projekteffizienz und den Projekterfolg innerhalb der EU zu steigern. Zu diesem Zweck strebt die Initiative Open PM² die folgenden Ziele an: • Rationalisierung von Projektmanagementansätzen in der gesamten Verwaltung der Europäischen Union und darüber hinaus; • Festlegung einer gemeinsamen Terminologie und gemeinsamer Verfahren mit dem Ziel einer wirksamen Projektkommunikation; • Förderung von Transparenz und Wahrnehmung organisationsübergreifender Projektzusammenarbeit; • Förderung eines qualitativ höherwertigen Projektmanagements mit dem Ziel, die Effizienz von Kosten/ Aufwand zu verbessern; • Förderung der besseren Überwachung und Kontrolle von EU-geförderten Projekten und Zuschüssen. Der PM 2 -Leitfaden kann gut kombiniert werden mit den globalen Projektmanagementstandards der IPMA. Inhalte der neuen PM²-Methodik Für die neue PM-Methode PM 2 hat sich die EU Anleihen in den PM-Standards IPMA, PMI, Prince2 und Prince2 Agile geholt und diese neu und vor allen Dingen in Bezug auf EU-Projekte in moderner Form zusammengestellt. Dazu wurden eigene Elemente konzipiert und Artefakte entwickelt. Die PM²-Methodik basiert auf bewährten Verfahrensweisen des Projektmanagements und stützt sich auf die vier Säulen (Abb. 2): Abb. 1: Open PM 2 - Synergien; Quelle: Originalabbildungen von OPM 2 der EU; wir danken der EU für die freundliche Unterstützung [2]. Organe und Einrichtungen der EU Europäische Kommission Auftragnehmer Mitgliedsstaaten EU-Bürger Offene Projektmanagementmethodik Eine gemeinsame Projektmanagementmethodik, die allen EU-Institutionen, Mitgliedsstaaten, Auftragnehmern und Unionsbürgern offen steht POLITIK UND GESELLSCHAFT 21 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019 einer anderen Tätigkeit liegt. So werden beispielsweise Planungsaktivitäten überwiegend in der Planungsphase ausgeführt, fallen aber auch in der nachfolgenden Phase bzw. den nachfolgenden Phasen an, d. h., Planungs-/ Neuplanungsmaßnahmen setzen sich in der Durchführungsphase fort. (Abb. 3) Projekte scheitern auch, weil sich die Teams häufig zu wenig Zeit in den ersten Projektphasen nehmen, die wichtigen übergeordneten Aufgaben zu klären, und sich zu schnell auf Projektleistungen stürzen. 1. Projektgovernancemodell (Funktionen und Zuständigkeiten), 2. Projektlebenszyklus (Projektphasen), 3. Abläufe (Tätigkeiten des Projektmanagements), Projektartefakte (Mustervorlagen und Leitlinien für die Dokumentation). Der PM²-Projektlebenszyklus Der PM²-Projektlebenszyklus gliedert sich in vier Phasen, in denen der Schwerpunkt jeweils auf Abb. 2: PM²-Methodikhaus; Quelle: Originalabbildungen von OPM 2 der EU; wir danken der EU für die freundliche Unterstützung [2]. Abb. 3: PM²-Projektlebenszyklus - Überschneidungen von phasenbezogenen Tätigkeiten; Quelle: Originalabbildungen von OPM 2 der EU; wir danken der EU für die freundliche Unterstützung [4]. Projektphase Beschreibung 1. Initiierung Die gewünschten Ergebnisse festlegen. Einen Business Case erstellen. Den Projektumfang festlegen. Einen guten Projektstart gewährleisten. 2. Planung Das Projektkernteam ernennen. Den Projektumfang ausarbeiten. Die Arbeiten planen. 3. Durchführung Die Umsetzung der Projektpläne koordinieren. Projektleistungen erarbeiten. 4. Abschluss Formelle Annahme des Projekts koordinieren. Bericht über Projektleistung erstatten. Lehren aus dem Projekt und Empfehlungen für die Zeit nach Projektende erfassen. Verwaltungsarbeiten zum Projekt abschließen. Überwachung und Kontrolle der gesamten Projektarbeit und aller Managementtätigkeiten während der gesamten Projektdauer: Projektvariablen überwachen, Fortschritte messen, Änderungen steuern, Risiken und Probleme bearbeiten, Korrekturmaßnahmen definieren und umsetzen. Das führt zu mangelhafter Qualität, die Ergebnisse sind von geringem Wert für die Nutzer. Deshalb ist die Bearbeitung aller Aufgaben in allen Phasen von entscheidender Bedeutung. (Tab. 1) Am Ende jeder Phase wird das Projekt einer Abnahme unterzogen, die über den weiteren Verlauf entscheidet. Diese Kontrollpunkte tragen zur Gesamtqualität des Projektmanagements bei und ermöglichen einen kontrollierten Ablauf des Projekts. Bei der PM 2 -Methodologie sind drei Phasenwechsel vorgesehen: • Planungsreife - am Ende der Initiierungsphase, • Durchführungsreife - am Ende der Planungsphase, • Abschlussreife - am Ende der Durchführungsphase. Tab. 1: Aufgaben in den Projektphasen 22 POLITIK UND GESELLSCHAFT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019 Der Projektlebenszyklus setzt sich aus den vier Phasen Initiierung, Planung, Durchführung und Abschluss zusammen. Der Phasenübergang geschieht jeweils in Evaluierungssitzungen, in denen über den Phasenwechsel entschieden wird; Voraussetzung für den ersten Wechsel von der Initiierungszur Planungsphase ist die sogenannte Planungsreife (Ready for Planning (RfP)), für den zweiten Wechsel am Ende der Planungsphase die Durchführungsreife (Ready for Executing (RfE)) und für den dritten und letzten Wechsel nach Beendigung der Arbeiten zur Lieferung der Projektleistungen die Abschlussreife (Ready Phasenvorleistung/ Phasenergebnis Beschreibung Auftrag über Projektinitiierung dient zur formellen Festschreibung des Auftrags, ein Problem, einen Bedarf oder eine Möglichkeit näher zu untersuchen, und zur Erfassung der Zusammenhänge. Business Case dient zur Erfassung der Hintergrundinformationen zum Projekt, zur Darlegung der Begründung und zur Festlegung der Haushaltsvorgaben. Projektcharta baut auf dem Business Case auf und enthält Festlegungen zum Projektumfang, zu den allgemeinen Anforderungen und Projektleistungen. Projekthandbuch enthält die Projektmanagementziele und den allgemeinen Managementansatz, dokumentiert die Funktionen und Zuständigkeiten. Projektarbeitsplan beinhaltet eine Gliederung der auszuführenden Arbeiten, eine Einschätzung des hiermit verbundenen Aufwands und der hiermit verbundenen Kosten und den Projektzeitplan. Projektleistungen listet alle in der Projektcharta und im Projektarbeitsplan genannten Projektleistungen auf. Projektabschlussbericht fasst die Projekterfahrungen, die Projektleistung und die Lehren aus dem Projekt (erfolgreiche Projektverfahren und potenzielle Schwierigkeiten) zusammen. Rollen und Phasenmodell in PM 2 Hauptimpulsgeber in der Initiierungsphase ist der Projektinhaber (Project Owner, PO), der das Projekt initiiert und für die gesamte Dokumentation verantwortlich ist. In der Planungsphase geht die Rolle des Hauptimpulsgebers auf den Projektmanager (PM) über, in dessen Verantwortung die Koordinierung der Ausführung aller Projektpläne fällt. Hauptimpulsgeber für die Ausführung des Projektplans und die Erarbeitung der Projektleistungen in der Durchführungsphase ist das Projektkernteam (Project Core Team, PCT). Abb. 4: PM²-Swimlane-Diagramm; Quelle: Originalabbildungen von OPM 2 der EU; wir danken der EU für die freundliche Unterstützung [4]. Tab. 2: Dokumente (Artefakte) Abb.4: PM² -Swimlane-Diagramm Projektimpulsgeber Phasenvorleistungen Projektphasen Phasenleistungen Phasenwechsel Abnahmen Projektinhaber Projektmanager Projektkernteam Projektstakeholder initiiert plant führt aus bewertet Auftrag über Projektinitiierung Business Case Projektcharta Projektarbeitsplan Projektleistungen Initiierung Planung Durchführung Abschluss - Umfang festlegen - PM ernennen - Umfang ausarbeiten - PCT ernennen - Umfang verwalten - Koordinieren - Lehren erfassen - Projekt abnehmen Projektcharta Projekthandbuch & Projektarbeitsplan Projektleistungen Projektabschlussbericht RfP RfERfC Überwachung & Kontrolle for Closing, RfC). Abbildung 4 zeigt die Impulsgeber und Schlüsselartefakte der PM²-Methodik als Vorleistungen für die einzelnen Phasen und Ergebnisse dieser Phasen. Die in Abbildung 4 genannten Dokumente (Artefakte) werden in Tabelle 2 beschrieben. Die Dokumentation des Projekts ist eine zentrale Aufgabe des Projektmanagements. In der PM²- Methodik wird vorgeschlagen, für die einzelnen Projektphasen und die verschiedenen Bereiche des Projektmanagements mehrere Projektmanagementartefakte (z. B. Dokumente) zu erstellen. Die PM²-Methodik bietet auch Mustervorla- POLITIK UND GESELLSCHAFT 23 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019 gen für diese Artefakte, um Projektteams bei der wirksamen und einheitlichen Dokumentation von Plänen, Informationen und Entscheidungen zum Projekt zu unterstützen. Die PM 2 -Denkweisen Die Philosophie von PM² kommt insbesondere in den neuen Denkweisen zum Ausdruck. Als PM²- Denkweisen werden Haltungen und Verhaltensweisen bezeichnet, die Projektteams dabei helfen, sich bei der Erreichung der Projektziele auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sie sollen eine wirksamere Anwendung von PM² ermöglichen. Die PM²-Denkweisen schaffen Zusammenhalt zwischen den Abläufen und Verfahren und stellen für alle Beteiligten gemeinsame Überzeugungen und Werte bereit. Insbesondere helfen die Denkweisen dabei, die Projekt- und Projektmanagementziele in einen größeren organisatorischen Kontext einzuordnen. PM 2 beruht auf den folgenden Mindsets: Projektmanager (PM) und Projektteams, die nach der PM²-Methodik vorgehen, 1. wenden zur Abwicklung ihrer Projekte bewährte Verfahrensweisen der PM²-Methodik an; 2. beachten stets, dass die Methodiken den Projekten dienen sollen und nicht umgekehrt; 3. wahren eine ergebnisorientierte Einstellung in Bezug auf alle Projekt- und Projektmanagementtätigkeiten; 4. weisen Projektfunktionen den am besten geeigneten Personen zu und behalten hierbei den Projektnutzen im Auge; 5. wägen die Prioritäten der oftmals widersprüchlichen Einflussfaktoren des Projektmanagements ab und wahren dabei die größtmögliche Produktivität; die Einflussfaktoren sind: Produkt, Zweck, Prozess, Plan, Menschen, Freude/ Pflicht, Wahrnehmung und Politik; 6. setzen sich ein für die Erbringung von Projektergebnissen mit optimalem Nutzen, anstatt nur Pläne abzuarbeiten; 7. fördern eine Projektkultur, die geprägt ist von Zusammenarbeit, klarer Kommunikation und Rechenschaftspflicht; 8. gewährleisten die Unterstützung und Einbeziehung der Sponsoren und Interessenträger des Projekts während des gesamten Projektlebenszyklus (auch bei Tätigkeiten zur Geschäftsimplementierung, die zur Verwirklichung des angestrebten Projektnutzens erforderlich sind); 9. investieren in die Entwicklung ihrer technischen Kompetenz und Verhaltenskompetenz mit dem Ziel der Optimierung ihrer Mitarbeit am Projekt; 10. tauschen Wissen aus, gehen aktiv mit Lehren aus der Arbeit um und wirken an der Verbesserung des Projektmanagements innerhalb ihrer Organisationen mit; 11. ziehen Anregungen aus den PM²-Ethik- und Verhaltensleitlinien. [4] Zur praxisnahen Anwendung und Umsetzung der Werte und ethischen Grundsätze der PM²- Methodik wurden die nachfolgenden Fragen für Projektmanager und Projektteams formuliert. Projektmanager und Projektteams, die nach der PM²-Methodik verfahren, sollten sich regelmäßig die folgenden wichtigen, aber nur selten gestellten Fragen stellen: Abb. 5: PM²-Artefaktlandschaft; Quelle: Originalabbildungen von OPM 2 der EU; wir danken der EU für die freundliche Unterstützung [4]. Abb. 5: PM -Artefaktlandschaft ! "#$%&'()*+,-.** / )%"0+,' ! 123456! 126252774 48'*+,%09.8: *; "#'#&#-- 10*0&#; "#'#&#-- <89%".8: *; "#'#&#-- ! "#)-%=; "#'#&#-- ! "#$%&'080'00%".8: * / (.>'"(: ? .*08%**@A(*% ! "#$%&'+,("'( ! "#$%&' / ,(89).+, ! "#$%&' / B'(&%,#-9%" / C('"0D ! "#$%&' / (")%0'*; -(8 E."+,>F,".8: G)*+,-.** H)%"I(+,.8: @J@5#8'"#--% K%*+,L>'*/ 0=; -%=%8'0%".8: */ ; -(8 H)%": (8: *; -(8 ! "#$%&'(")%0'* / ; -(8@! 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Sind wirklich alle engagiert bei der Sache? • Wurden die richtigen Personen eingebunden? • Ist uns eigentlich klar, wer welche Aufgaben hat? • Sollten Ergebnisse um jeden Preis und jedes Risiko erbracht werden? • Ist das wichtig? • Ist dies eine Aufgabe für den Auftraggeber oder für das ausführende Team? • Sollte ich mich einbringen? • Haben wir Verbesserungen erreicht? • Gibt es ein Leben nach dem Projekt? [4] Während die Prozesse, Artefakte, Werkzeuge und Techniken der PM 2 -Methodik dabei helfen, die Termine, Kosten, den Leistungsumfang und die Qualität zu realisieren, plädieren die Denkweisen für eine produktive Einstellung und Verhaltensweise im Projekt und helfen allen Beteiligten, sich darauf zu konzentrieren, was für das Erreichen der Projekt-/ Projektmanagementziele wirklich wichtig ist. Diese Kombination aus Methodik und Denkweisen soll mit PM² gemanagte Projekte effektiv und erfolgreich machen. Zusammenfassung, Fazit und Empfehlung PM² ist die neue von der Europäischen Kommission entwickelte und unterstützte Projektmanagementmethodik. Sie soll Projektmanager in die Lage versetzen, durch wirksame Projektarbeit während des gesamten Projektlebenszyklus effektive und effiziente Lösungen zu erarbeiten und Nutzen zu bringen. Fokus sind die Rationalisierung der unterschiedlichen Projektmanagementansätze in der EU-Verwaltung und die Förderung eines qualitativ höherwertigen Projektmanagementstandards innerhalb der EU mit dem Ziel, die Effizienz von Kosten/ Aufwand zu verbessern und dadurch eine bessere Überwachung und Kontrolle von EU-geförderten Projekten und Zuschüssen zu erreichen. Dies geschieht durch Festlegung einer gemeinsamen Terminologie und gemeinsamer Verfahren mit dem Ziel einer wirksamen Projektkommunikation und der Förderung von Transparenz und organisationsübergreifender Projektzusammenarbeit. PM² ist eine unkomplizierte, leicht anzuwendende Methodik, die Projektteams auf ihre spezifischen Anforderungen zuschneiden können. Da sie Bestandteile aus anerkannten Standards und Methodiken für das Projektmanagement umfasst, kann sie von allen Arten von Organisationen einfach angewandt werden. Erstmals sind in einem klassischen Vorgehensmodell auch agile Elemente integriert worden. Besonders hervorzuheben sind dabei das Werteverständnis und die Ethikgrundsätze in PM² und der darauf aufbauende Projektgovernanceansatz, der die Verantwortung von Projektmanagern und Auftraggebern deutlich stärkt. In Deutschland ist die neue PM 2 -Methodik bisher bei den Projektmanager/ -innen noch wenig bekannt, obwohl Deutschland das größte Mitgliedsland der EU ist. Doch könnten wir hier aufholen, wenn die GPM für diesen Standard die Verantwortung in Deutschland übernehmen würde. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die EU mit ihrer Erfahrung von Tausenden von Projekten in den 27 Mitgliedsstaaten und ihrer Erfahrung bei Strategie, Entscheidungsfindung und -umsetzung untrennbar verbunden ist mit dem Instrumentarium des Projektmanagements. Mit dem neuen Projektmanagementstandard PM 2 unterstreicht die EU, dass sie eine Organisation mit hoher Projektmanagementreife ist. Literatur [1] Büttner, S./ Leopold, L.: A “new spirit” of public policy? The project world of EU funding. In: European Journal of Cultural and Political Sociology, 3, 1, 2016, S. 41-71 [2] Europäische Kommission 2018. http: / / ec. europa.eu/ budget/ mff/ index_de.cfm, Stand: 5.11.2018 [3] European Commission: Aid delivery methods. Project Cycle Management Guidelines, Brussels 2004. [4] European Commission: PM² Project Management Methodology Guide. Centre of Excellence in Project Management (CoEPM²), Brussels/ Luxembourg 2016, https: / / publica tions.europa.eu/ en/ publication-detail/ -/ publication/ 0e3b4e84-b6cc-11e6-9e3c- 01aa75ed71a1, Stand: 9.11.2018 Schlagwörter Europäische Kommission, Europäische Union, OPM 2 , PM 2 , Projektmanagementstandard Kompetenzelemente der ICB 4.0 1.03 Compliance, Standards, Regelungen Autoren Prof. Dr. Yvonne- Gabriele Schoper ist Professorin für Internationales Projektmanagement an der HTW Berlin. Davor war sie als Projektmanagerin bei der BMW AG tätig, wo sie mehrere internationale Fahrzeugentwicklungsprojekte leitete. Zudem hat sie eine Gastprofessur an der Tongji-Universität in Schanghai und an der Universität Reykjavik in Island. Von 2012 bis 2015 war Prof. Schoper Vorstand der GPM, von 2016 bis 2017 Mitglied des Präsidialrats der GPM. Seit 2015 ist sie Mitglied im Research Management Board der IPMA und Koordinatorin der jährlichen IPMA Research Conference. Yvonne Schoper ist Autorin einer Vielzahl von Publikationen. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Gesellschaft, die makroökonomische Vermessung der Projektwirtschaft, Zukunftstrends sowie im Bereich Frauen im Projektmanagement. Anschrift: HTW Berlin - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Treskowallee 8, 10318 Berlin, Tel.: 0 30/ 50 19-26 46, E-Mail: Yvonne.Schoper@HTW-Berlin.de Dietmar Prudix ist Vorstandsmitglied der Project Connex AG, die sich auf effizientes und agiles Projektmanagement konzentriert. Davor war er als Projektmanager bei der Daimler AG tätig, wo er in einem Tochterunternehmen die Business Academy geleitet hat. Davor hat er große Projekte geleitet, wie z. B. die Expo 2000 in Hannover. Von 2016 bis 2017 war er Mitglied des Präsidialrats der GPM. Seit 2017 ist er Mitglied in der internationalen IPMA Arbeitsgruppe „Agile Leadership“. Er ist Autor einer Vielzahl von Fachpublikationen mit dem Schwerpunkt „Projektmanagement“. Anschrift: Project Connex AG, Schönbuchstraße 48, 71155 Altdorf, Tel.: 0 70 31/ 27 03-0, E-Mail: Prudix@project-connex.com, www.project-connex.com POLITIK UND GESELLSCHAFT 25 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019