PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Worte vermeiden Kosten
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Jens Köhler
Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch – Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben.
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Projektgeschichten und Fallstudien: Worte vermeiden Kosten Autor: Jens Köhler Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Priesberg trifft Ehrlich auf dem Weg zu einem Forschungslabor. „Ich habe ein Problem mit meinem Projektplan. Der Programmleiter sagte, ich sei nicht in der Lage, den Plan zu finalisieren. Doch nach einem heftigen Streit war er auf einmal zufrieden und akzeptierte meinen Plan. Ich verstehe das nicht.“ Ehrlich stutzt: „Du und nicht planen können, das verstehe ich nicht. Das ist doch dein Metier.“ Priesberg stöhnt: „Ja, das dachte ich auch. Ich kann vor allem seinen plötzlichen Stimmungswandel nicht nachvollziehen. Hat er mich aufgegeben? Hält er mich für unfähig? “ „Jetzt mal nicht so panisch, lieber Kollege.“ Ehrlich grinst leise vor sich hin. „Jeder kennt dich als genauen und gewissenhaften Kollegen. Niemand würde deine strukturierenden Fähigkeiten bezweifeln. Es muss etwas anderes passiert sein. Erkläre mir mal im Detail, was das Problem ist.“ „Okay, ich hole aus. Wir arbeiten an einem Informationssystem für Labordaten. Es besteht aus unterschiedlichen Modulen, die bestimmte Messungen unterstützen. Zurzeit sind wir dabei, die Module zu spezifizieren, um sie zu entwickeln und dann schließlich den Forschern zur Verfügung zu stellen“, schließt Priesberg nachdenklich. „Verstehe.“, Ehrlich kratzt sich am Kinn. „Lass mich raten, du sollst einen Projektplan abliefern, in dem das Lieferdatum für jedes dieser Module genau festgelegt ist - Schritt für Schritt.“ „Ganz genau. Und ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass genau das nicht geht. Die Besprechung war sehr heftig, so etwas möchte ich so schnell nicht noch einmal erleben.“ Priesberg ist genervt. „Och, solche Besprechungen habe ich mehrmals pro Woche … aber gut. Und plötzlich war der Streit vorbei, sagtest du? “ Ehrlich denkt nach. „Welche Worte sind denn gefallen? “ „Also, er kam ständig mit einem Parallelprojekt. Ja das hätte doch auch einen Plan hingekriegt und der wäre so toll. Warum nicht wir und so weiter“, fährt Priesberg fort und regt sich dabei auf. „Jetzt mal ganz ruhig, Kollege“, versucht ihn Ehrlich zu beruhigen, „gibt es Unterschiede zwischen beiden Projekten? “ „Oh ja, die gibt es. In meinem Projekt kann ein Modul in jedem Messschritt verwendet werden. Man weiß nie, wann. Es macht keinen Sinn, einzelne Module vorab auszurollen. In dem erwähnten Parallelprojekt ist dem nicht so: Dort ist jedes Modul genau einem Messschritt zugeordnet, also eine perfekte Eins-zu-eins-Beziehung. Das lässt sich auch gut planen.“ „Lass mich raten …“, Ehrlich überlegt. „Du hast folgenden Satz geäußert: ‚Mooment - bevor wir uns weiter streiten: Haben wir nicht besser ein Modul? ‘“ „Genau! Bist du ein Hellseher? “ Priesberg kann seinen Ohren kaum trauen. „Du hast meine Worte wiederholt.“ „Mit diesem Satz hast du die Komplexität in eurer Beziehung auf ein Minimum reguliert. Nach deiner Feststellung, nur ein Modul zu haben, macht es keinen Sinn, einen Plan zu konstruieren, der schrittweise abgearbeitet werden muss. Oder doch: Es gibt aber nur einen Schritt, und der entspricht dem Lieferdatum des ganzen Moduls. Durch deinen Satz ist das Gedankengebäude der vielen Module in sich zusammengefallen und damit auch das Verlangen nach einem umfangreichen Plan. Am Projektinhalt hat sich aber nichts geändert.“ Ehrlich atmet tief aus. Priesberg will etwas erwidern, aber Ehrlich signalisiert ihm zu schweigen: „Neben der Beschränkung auf ein Modul hast du einen weiteren Kontrollparameter gesetzt: Du bist in der Logik deines Gegenübers geblieben. Viele Module - viele Meilensteine, ein Modul - ein Meilenstein. Fertig! Es brauchte nichts weiter verhandelt zu werden. Wow.“ Ehrlich gibt Priesberg ein Zeichen, dass er nun sprechen möge. „Um das mal in meiner einfachen Sprache auszudrücken: Ich habe den Programmleiter respektiert und habe also seine Planungslogik nicht infrage gestellt. Dadurch war er schließlich zufrieden. Inhaltlich war ihm die Sache egal, ob es ein Modul gibt oder mehrere. Dadurch hat er mir gegenüber Wertschätzung gezeigt. Wir konnten einfach weitermachen, keine endlosen Diskussionen, keine lästigen Verschiebungen im Projektablauf und dadurch: keine höheren Kosten! “, fasst Priesberg zusammen. „Das Ganze kann man sogar noch vereinfachen: Der einfachste und meist wirkungsvollste Kontrollparameter ist Vertrauen! Du vertraust deinem Programmleiter und er dir und somit steht die Sachebene im Vordergrund und die Beziehungsebene steht im Hintergrund. Das nenne ich elegant! “, schließt Ehrlich. Autor Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB/ IC, 67056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com WISSEN 45 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2019