PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2019
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Alte Wege öffnen keine neuen Türen
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2019
Martin-Niels Däfler
• Anpassung und Änderungsbereitschaft sind seit jeher Erfolgsrezepte.
• Bedingt durch die Digitalisierung haben sich das Tempo und das Ausmaß von Veränderungen im betrieblichen Umfeld signifikant erhöht.
• Es gibt zwei Arten von Veränderungstypen: „A-“ und „R-Typen“
• „R-Typen“ stehen Veränderungen ablehnend gegenüber und leisten oft Widerstand.
• Wer Veränderungen im Unternehmen vornehmen möchte, sollte wissen, welche Bewertungsprozesse Menschen vornehmen.
• Die beste Strategie für Veränderungen ist das Erklären.
• Wenn Mitarbeiter und ihre Bedenken ernst genommen werden, steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsprojekten deutlich.
• Die „5+1-Methode“ integriert die wichtigsten Empfehlungen zum Changemanagement.
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Unabhängige Variablen Abhängige Variablen Knowledge and Technology Creativity Machtdistanz -0,048 -0,171 Individualismus 0,247 0,239 Maskulinität 0,010 -0,111 Unsicherheitsvermeidung -0,115 -0,005 Langzeitorientierung 0,270 0,249 Nachgiebigkeit 0,095 0,129 Konstante 15,28 26,03 R² adjust. 62,68 % 63,91 % Unabhängige Variablen Abhängige Variablen Knowledge and Technology Creativity Machtdistanz -0,070 -0,120 Individualismus 0,172 0,191 Maskulinität 0,008 -0,091 Unsicherheitsvermeidung -0,153 -0,051 Langzeitorientierung 0,346 0,270 Nachgiebigkeit 0,171 0,120 Konstante 16,02 25,34 R² adjust. 54,39 % 65,65 % tieren, wird überprüft, ob die vorangegangenen Erkenntnisse aus 2016 durch die neuen Werte aus dem Bericht für das Jahr 2018 [22] bestätigt werden können. Im Vergleich zur Untersuchung von Prim et al. (2017) werden aufgrund von fehlenden Daten bei dem Modell nach Hofstede statt 74 nunmehr nur 60 Nationen betrachtet [25]. Das Ergebnis ist in Tabelle 2 zu sehen. Es zeigt sich, dass sich durch die Untersuchung mit aktuellen Werten geringfügig andere Zahlenwerte ergeben, die Erkenntnisse jedoch ähnliche sind. So sind die Korrelationskoeffizienten mit gleichen Richtungsangaben versehen. Ebenso korrelieren die Kulturdimensionen „Individualismus“, „Langzeitorientierung“ und „Nachgiebigkeit“ signifikant mit beiden Clustern des „Innovation Output Sub-Index“. Die Erkenntnisse von Prim et al. (2017) können folglich bestätigt werden. 4 Fazit Die vorgestellten Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang zwischen kulturellen Ausprägungen auf nationaler Ebene und Innovationsleistungen bzw. -fähigkeiten hin. Aufgrund unserer Darlegung, dass zwischen Innovationen und Projektchancen wesentliche Analogien bestehen (vgl. 2), argumentieren wir, dass kulturelle Ausprägungen ebenso auch Einfluss auf die Identifizierung und den Umgang mit Chancen in Projekten haben. Folglich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Projektchancen besser identifiziert und wahrgenommen werden können, wenn in einer Nation der Grad an Individualismus hoch ist und Eigeninteresse sowie der Drang zur Selbstverwirklichung bei den Individuen vorhanden sind, Erfolg als langfristiges Konzept betrachtet wird und Wünschen und Impulsen nachgegangen wird, anstatt sich selbst zu kontrollieren. Neben der Kultur auf nationaler Ebene existieren weitere Faktoren, die einen Einfluss auf die Wahrnehmung und Behandlung von Chancen in Projekten haben (vgl. u. a. Abb. 1). Besteht die Bereitschaft, mit Chancen in Projekten (strukturiert) umzugehen, ist ein Operationalisieren der dafür notwendigen Voraussetzungen unter Berücksichtigung des jeweils spezifischen Projekts unerlässlich. In Bezug auf Projektchancen wird deshalb weiterer Forschungsbedarf gesehen, der durch die aktuelle Literatur nicht abgedeckt wird. Literatur [1] Spang, K./ Singer, R. (Hrsg.): Chancenmanagement in Projekten. 8. Kasseler Projektmanagement Symposium 2017, Eigendruck Universität Kassel, Fachgebiet Projektmanagement, 2017 [2] Sackmann, S.: Unternehmenskultur: Erkennen - Entwickeln - Verändern. 2. Auflage Springer Gabler, Wiesbaden 2017 [3] Riechmann, T.: Spieltheorie. 4. Auflage, Verlag Franz Vahlen GmbH, München 2014 [4] Bamberg, G.: Entscheidungstheorie, normative. In: Köhler R./ Küpper H.-U./ Pfingsten A. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft. 6. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2007, S. 383-394 [5] Neus, W.: Unsicherheitstheorie. In: Köhler R./ Küpper H.-U./ Pfingsten A. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft. 6. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2007, S.-1770-1781 [6] Olsson, R.: In search of opportunity management: Is the risk management process enough? In: International Journal of Project Management 25/ 2007, S. 745-752 [7] Krane, H. P./ Johansen, A./ Alstad, R.: Exploiting opportunities in the uncertainty management. In: Procedia - Social and Behavioral Sciences 119/ 2014, S. 615-624 [8] Lechler, T. G./ Edington, B. H./ Gao, T.: Challenging Classic Project Management: Turning Project Uncertainties Into Business Tab. 2: Multiple Regression (eigene Darstellung); fett: p-Wert < 0,05; fett und kursiv: p-Wert < 0,01 Tab. 1: Multiple Regression [23]; fett: p-Wert < 0,05; fett und kursiv: p-Wert < 0,01 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2019 30 STRATEGIE Der Benchmark für Ressourcenplanung Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Aufwanderfassung Kostenmanagement Projektplanung Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige Opportunities. In: Project Management Journal 2012, S. 59-69 [9] Project Management Institute (Hrsg.): A-guide to the project management body of knowledge. 6. Auflage, Project Management Institute, Inc., Newtown Square 2017 [10] International Project Management Association (IPMA): Individual Competence Baseline für Projektmanagement. Version 4.0, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2017 [11] DIN 69901-5: 2009-01, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 5: Begriffe [12] Voigt, K.-I.: Industrielles Management. Springer-Verlag, Berlin 2008 [13] Schuh, G./ Bender, D.: Grundlagen des Innovationsmanagements. In: Schuh, G. (Hrsg.): Innovationsmanagement. Springer-Verlag, Berlin 2012, S. 1-16 [14] Vahs, D./ Brem, A.: Innovationsmanagement. Von der Idee zur erfolgreichen Vermarktung. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2013 [15] Johansen, A./ Eik-Andresen, P./ Landmark A. D./ Ekambaram, A./ Rolstadås, A.: Value of Uncertainty: The Lost Opportunities in Large Projects. In: Administrative Sciences 2016, S.-1-17 [16] Hauschildt, J./ Salomo, S./ Schultz, C./ Kock, A.: Innovationsmanagement. 6. Auflage Verlag Franz Vahlen GmbH, München 2016 [17] Johansen, A./ Sandvin, B./ Torp, O./ Okland, A: Uncertainty analysis - 5 challenges with today’s practice. In Procedia - Social and Behavioral Sciences 119/ 2014, S. 591-600 [18] Coenenberg, A. G./ Fischer, T. M./ Günther, T.: Kostenrechnung und Kostenanalyse. 9. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2016 [19] Hofstede, G./ Hofstede, G. J./ Minkov, M.: Cultures and Organizations, Software of the mind. Intercultural Cooperation and Its Importance for Survival. 3. Auflage, McGraw-Hill, New-York 2010 [20] Holtbrügge, D./ Ehlert J.: Länderindizes und Länderratings als Informationsgrundlage des internationalen Risikomanagements. In: Haas, H. (Hrsg.): Internationales Risikomanagement. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2009, S. 83-134 [21] Towers, I./ Peppler, A.: Geert Hofstede und die Dimensionen einer Kultur. In: Ternès, A./ Towers, I. (Hrsg.): Interkulturelle Kommunikation. Länderporträts - Kulturunterschiede - Unternehmensbeispiele. Springer Gabler, Wiesbaden 2017 [22] Dutta, S./ Lanvin, B./ Wunsch-Vincent, S.: Global Innovation Index. Energizing the World with Innovation. 11. Auflage, Cornell University, INSEAD, and the World Intellectual Property Organization, 2018 [23] Prim, A. L./ Filho, L. S./ Zamur, G. A. C./ Di Serio, L. C.: The Relationship between National Culture Dimensions and Degree of Innovation. In: International Journal of Innovation Management 21/ 2017, S. 1-22 [24] Czado, C./ Schmidt, T.: Mathematische Statistik. Springer-Verlag, Berlin 2011 [25] https: / / geerthofstede.com/ researchand-vsm/ dimension-data-matrix, Stand: 26.2.2019 Schlagwörter Innovationen, Innovationsindex, Kulturdimensionen auf nationaler Ebene, Projektchancen, Projektrisiken Kompetenzelemente der ICB 4.0 1.05 Kultur und Werte, 3.11 Risiken und Chancen Autoren Reiner Singer; Studium zum Wirtschaftsingenieur (Diplom) mit Fachrichtung Maschinenbau; seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Projektmanagement der Universität Kassel Raphael Seitz; Absolvent an der Universität Kassel im Fach Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau zum B.-Sc. Janina Fritsch; Absolventin an der Universität Kassel im Fach Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau zum B.-Sc. Prof. Dr. Konrad Spang; nach einem Studium zum Bauingenieur und der Promotion an der ETH Lausanne mehrere Jahre Projektleitererfahrung in großen Bauprojekten, zuletzt als Projektmanager gesamtverantwortlich für zwei Infrastruktur-Großprojekte; seit 2002 Leiter des Fachgebiets Projektmanagement an der Universität Kassel Anschrift der Autoren: Universität Kassel, Fachgebiet Projektmanagement, Heinrich-Plett- Straße 40, 34132 Kassel, E-Mail: Singer@ uni-kassel.de projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2019 STRATEGIE 31 Veränderungen gelassen meistern mit der 5+1-Methode Alte Wege öffnen keine neuen Türen Autor: Martin-Niels Däfler >> Für eilige Leser • Anpassung und Änderungsbereitschaft sind seit jeher Erfolgsrezepte. • Bedingt durch die Digitalisierung haben sich das Tempo und das Ausmaß von Veränderungen im betrieblichen Umfeld signifikant erhöht. • Es gibt zwei Arten von Veränderungstypen: „A-“ und „R-Typen“ • „R-Typen“ stehen Veränderungen ablehnend gegenüber und leisten oft Widerstand. • Wer Veränderungen im Unternehmen vornehmen möchte, sollte wissen, welche Bewertungsprozesse Menschen vornehmen. • Die beste Strategie für Veränderungen ist das Erklären. • Wenn Mitarbeiter und ihre Bedenken ernst genommen werden, steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsprojekten deutlich. • Die „5+1-Methode“ integriert die wichtigsten Empfehlungen zum Changemanagement. Welche Anlässe von Veränderungen gibt es im Leben? Es lässt sich grundsätzlich differenzieren zwischen exogenen und endogenen Anlässen, also ob die Veränderung (meist unfreiwillig) von außen kommt (z. B. wenn sich der Lebenspartner von einem trennt) oder ob sie von innen Die Digitalisierung, aber auch viele andere Faktoren führen dazu, dass derzeit in Unternehmen und Behörden die Ablauf- und Aufbauorganisation auf den Kopf gestellt wird. Neue Arbeitsformen und -zeitmodelle, neue Kommunikationsmedien und -wege, neue Prozesse und Aufgabenbereiche werden eingeführt. All das verunsichert viele Mitarbeiter. Nur zu oft wird solchen Änderungen mit Skepsis oder Ablehnung begegnet. Häufig kommt es sogar zu massiven Widerständen. So müssen viele Führungskräfte und Projektverantwortliche das Scheitern ihrer Change- Vorhaben beklagen. Der Autor macht in seinem Beitrag klar, dass es einen zentralen Grund dafür gibt: Die Sorgen und Bedenken der Mitarbeiter werden nicht ernst genommen. Aufbauend auf den klassischen Change- Management-Techniken hat er die pragmatische „5+1-Methode“ entwickelt, mit der sich Widerstände überwinden und Veränderungsprojekte erfolgreich umsetzen lassen. 1 Veränderungsanlässe Spätestens seit Charles Darwin wissen wir: Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt; auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am ehesten bereit ist, sich zu verändern [1]. So sind Menschen - als erfolgreiche „Gattung“ - grundsätzlich offen für Veränderungen. Wären wir das nicht, würde es uns nicht geben und wir säßen noch immer in Höhlen. Der Neandertaler war nicht veränderungsbereit. Ihn gibt es heute nicht mehr. Das trifft auch für jeden Einzelnen zu: Hätten wir nicht laufen gelernt, würden wir heute immer noch auf dem Boden krabbeln. Veränderungen und als krisenhaft erlebte Situationen sind stets auch Chancen - zum Wachsen und Weiterentwickeln. Das gilt für die Menschheit insgesamt ebenso wie für jeden Einzelnen. stammt, also bewusst selbst gewählt wurde, wie etwa der Wunsch abzunehmen. Weiterhin lässt sich unterscheiden, ob die Veränderung ihre Ursache im privaten oder im beruflichen Umfeld hat. So ergeben sich insgesamt vier Veränderungsanlässe (Abb. 1). Insbesondere durch die Digitalisierung (Stichwort „VUCA-Welt“) hat sich der Veränderungsdruck für Unternehmen enorm erhöht [2]. In nahezu allen Branchen werden Prozesse (teil-) automatisiert, klassische Abteilungen aufgelöst und neue Arbeitsformen eingeführt. Immer häufiger halten - zumindest in Fertigungsbetrieben - Roboter Einzug in die Firmenhallen und ersetzen Algorithmen menschliche Arbeitskräfte. Aber auch jenseits der Digitalisierung gibt es zahlreiche Veränderungsanlässe, wie etwa eine neue Strategie, Fusionen und Übernahmen ebenso wie Ausgliederungen oder der Verkauf von Unternehmensteilen [3]. Das Ausmaß der persönlichen Betroffenheit variiert dabei selbstverständlich je nach Veränderung (Abb. 2). 2 Reaktionen auf Veränderungen Oft genug reagieren die Mitarbeiter skeptisch auf (innerbetriebliche) Änderungen. Führungskräfte und Projektleiter stoßen auf Widerstände der Mitarbeiter. Das ist auch normal. So gibt es zwei unterschiedliche Veränderungstypen [4]. Ich bezeichne sie als „A-Typen“ und „R-Typen“. Die „A-Typen“ lieben Abenteuer und Abwechslung, während die „R-Typen“ Routinen sowie Regeln bevorzugen und dementsprechend eine große Scheu vor Veränderungen haben. Im traditionellen Modell des „Zugs der Veränderungstypen“ sitzen ausgesprochene „A-Typen“ direkt hinter der Lokomotive, wohingegen reine „R-Typen“ im letzten Zugabteil Platz nehmen (Abb. 3). Warum reagieren die R-Typen so abweisend? Weil Veränderungen für sie immer eine Gefahr projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2019 32 WISSEN bedeuten. Menschen dieses Typs schauen zunächst vor allem auf das, was schlecht oder potenziell gefährlich ist. Dies ist evolutionsbiologisch auch durchaus nachzuvollziehen, war es doch früher ein Überlebensvorteil, Veränderungen kritisch gegenüberzustehen und sich mit möglichen Bedrohungen zu beschäftigen, um sich darauf vorzubereiten und schnell handlungsfähig zu sein. Halten wir als Zwischenfazit fest: Veränderungen stellen gleichzeitig eine Chance zur Weiterentwicklung und eine Gefahr dar. Oft überwiegt das Letzte. Weitere Gründe kommen hinzu, warum viele Menschen eine Scheu vor Veränderungen haben (Abb. 4). Was ist das Bedrohliche an Veränderungen? Die alte Ordnung, die Halt und Sicherheit gegeben hat, existiert nicht mehr. Es herrscht Ungewissheit - man weiß nicht, was einen konkret erwartet. Häufig malt man sich die Folgen der Veränderung sogar übertrieben negativ aus. Dies hat seine Ursache darin, dass sich Menschen vor und während Veränderungen in einem emotionalen Ausnahmezustand befinden und die Welt nicht so wahrnehmen, wie sie wirklich ist. Man ist kaum fähig, rational zu urteilen. Egal wie kultiviert man auch ist: Ein Teil von uns schaltet in den „Überlebensmodus“ - wir erleben einen Kontrollverlust [5]. Die klassische Strategie, die R-Typen in Veränderungssituationen anwenden, ist, am Bewährten festzuhalten. So kommt es, dass - offen sowie verdeckt - Widerstand geleistet wird und das Changevorhaben nicht einmal aus dem Startloch kommt. Nicht wenige Führungskräfte und Projektleiter hegen dann die Fantasie, die Mitarbeiter wären Marionetten, an denen man einfach zieht, und sie würden das machen, was man sich wünscht. Dies ist natürlich weder moralisch zu akzeptieren noch realistisch. Fakt ist jedoch: Es ist heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, wenn die Mitarbeiter offen für Veränderungen sind und diese nicht sabotieren [6]. Um es mit dem Titel des Beitrags zu formulieren: Alte Wege öffnen keine neuen Türen. 3 Veränderungstrichter Die spannende Frage lautet daher: Wie lassen sich Widerstände der Mitarbeiter überwinden? Wie gelingt es, ihnen aufzuzeigen, dass der neue Weg lohnend sein kann? Entscheidend ist zu verstehen, wie Mitarbeiter, insbesondere die R-Typen, reagieren, wenn sie von Veränderungen erfahren. Wenn man das weiß, hat man den Abb. 1: Typologie genereller Veränderungsanlässe; Grafik: eigene Erstellung Abb. 2: Innerbetriebliche Veränderungsanlässe; Grafik: eigene Erstellung Schlüssel in der Hand, um Veränderungen im Menschen zu bewirken. Dazu habe ich das Modell des „Veränderungstrichters“ entwickelt, das sich am Stressmodell von Lazarus orientiert [7]. Auf der 1. Stufe fragt sich der Betroffene, ob die Veränderung eher positiv oder eher negativ ist. Denn nicht alle Veränderungen sind schlecht - eine Lohnerhöhung oder Beförderung (beides sind ja auch Veränderungen) werden vermutlich nicht als Bedrohung erlebt. Veränderungen, die als potenziell negativ beurteilt werden, werden auf der 2. Stufe danach beurteilt, welches Ausmaß sie haben, inwieweit das eigene Leben betroffen ist. So fallen viele VeränderungssituatioprojektManagementaktuell | AUSGABE 3.2019 WISSEN 33 nen in die Rubrik „Lappalie“, weil sie kaum oder nur vorübergehende Konsequenzen für einen haben, wie etwa die zweiwöchige Schließung der Kantine für Renovierungsarbeiten. Jene Veränderungen, die einen (signifikanten) Einfluss auf das eigene Leben haben, werden auf der 3. Stufe abermals evaluiert, und zwar hinsichtlich der Möglichkeiten, die einem zur Verfügung stehen, damit zurecht zu kommen. Hier wird geprüft, inwiefern eigene Ressourcen vorhanden sind, um die Situation zu bewältigen. Fällt der Vergleich positiv aus, weil man zu der Einsicht gelangt ist, dass man höchstwahrscheinlich in der Lage sein wird, die Herausforderung zu bestehen, dann wird die Veränderung im Fazit als nicht bedrohlich klassifiziert. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Unternehmen von einem ausländischen Konzern aufgekauft wurde und nun als Firmensprache Englisch eingeführt wird. Jemand, der bereits über solide Grundkenntnisse im Englischen verfügt, wird vielleicht davon ausgehen, dass er mit einem Auffrischungskurs recht schnell ein Niveau erreicht, auf dem ihm die Kommunikation möglich sein wird. Anders jedoch für jemanden, der keine oder kaum Englischkenntnisse besitzt und sich generell mit dem Lernen von Sprachen schwertut. Für diese Person stellt sich die Situation nach dem Durchlaufen der drei Bewertungsstufen als reales Problem und damit als Bedrohung dar. Es bleibt festzuhalten: Veränderungen an sich machen keine Angst, nur wenn wir denken, dass wir sie nicht bewältigen können. 4 Veränderungen herbeiführen - vier Strategien Welche Möglichkeiten gibt es nun, Veränderungen herbeizuführen [8]? Es ist unseriös, ja geradezu anmaßend, behaupten zu wollen, man könne - sofern man nur das „richtige“ Rezept anwendet - aus Veränderungsmuffeln Veränderungsenthusiasten machen. Warum? Weil in der (frühen) Kindheit festgelegt wird, welcher Typ man ist. Hat man kein Urvertrauen mitbekommen oder gab es während des Sozialisierungsprozesses Probleme, ist es außerordentlich schwer, diese Defizite später auszugleichen. Dafür braucht es in aller Regel therapeutische Interventionen. Insofern beschränke ich mich in der weiteren Betrachtung auf solche Menschen bzw. Mitarbeiter, die keine traumatischen Erlebnisse hatten, sondern lediglich ein „normales“ Ausmaß an Veränderungsresistenz besitzen. Hier gibt es Abb. 5: Veränderungstrichter; Grafik: eigene Erstellung Abb. 3: Zug der Veränderungstypen; Grafik: eigene Erstellung Abb. 4: Gründe für Veränderungsresistenz; Grafik: eigene Erstellung projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2019 34 WISSEN