PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Die Passagiere wollen das Schiff sehen
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Steffen Scheurer
Oliver Steeger
Legt ein Kreuzfahrtschiff am Hamburger Terminal Steinwerder an, startet eine perfekt einstudierte Choreografie. Bis zu 8.000 Passagiere bewegen sich durch die lichte Halle: Ankommende verlassen das Schiff, neue Urlauber starten ihre Reise. Das 315 Meter lange Schiff wird mit Kränen „proviantiert“; bis zu 25 Lkw-Ladungen verschwinden im Bauch des Schiffes. Die Prozesse laufen reibungslos in dem 2015 eingeweihten Terminalbau, der als Vorzeigeprojekt im Hamburger Hafen gilt. Wir haben im Cruise Center Steinwerder den „Turnaround“ eines Schiffes beobachtet.
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Auf 8.000 Passagiere ist das vor vier Jahren eröffnete Kreuzfahrt-Terminal Cruise Center Steinwerder ausgelegt, Foto: Cruise Gate Hamburg Turnaround am Cruise Center Steinwerder „Die Passagiere wollen das Schiff sehen“ Autoren: Steffen Scheurer und Oliver Steeger Kreuzfahrten nachsagt. Sie stehen Schlange, ein bunter Lindwurm am Terminalgebäude entlang, einen Zebrastreifen überquerend bis zu dem überdachten Busbahnhof. Im Hintergrund überragt die imposante Flanke eines Kreuzfahrtschiffs das Terminalgebäude, ein Kabinenfenster neben dem anderen, wie Fischschuppen. Wir gehen an der Menschenschlange vorbei Richtung Kreuzfahrt-Terminal, dem Cruise Center Steinwerder. Das 2.800 Menschen fassende Kreuzfahrtschiff liegt einen Tag am Liegeplatz. Ein sogenannter Turnaround. Morgens, binnen weniger Stunden, schiffen die Ankommenden aus. Die Passagiere von Bord zu bringen, funktioniert nach einem ausgeklügelten System. Ab mittags gehen neue Passagiere an Bord. Außerdem werden Proviant und Treibstoff verladen. Hochbetrieb, nicht anders als an einem Flugha- Legt ein Kreuzfahrtschiff am Hamburger Terminal Steinwerder an, startet eine perfekt einstudierte Choreografie. Bis zu 8.000 Passagiere bewegen sich durch die lichte Halle: Ankommende verlassen das Schiff, neue Urlauber starten ihre Reise. Das 315 Meter lange Schiff wird mit Kränen „proviantiert“; bis zu 25 Lkw-Ladungen verschwinden im Bauch des Schiffes. Die Prozesse laufen reibungslos in dem 2015 eingeweihten Terminalbau, der als Vorzeigeprojekt im Hamburger Hafen gilt. Wir haben im Cruise Center Steinwerder den „Turnaround“ eines Schiffes beobachtet. Hunderte ausgeschiffter Passagiere machen sich auf den Heimweg: Familien mit kleinen Kindern, Paare, Gruppen von Gleichgesinnten, auch einige „Silberhaare“, denen man so gerne Affinität zu fen. Noch heute sticht das Schiff wieder in See Richtung New York. Die Hamburg Port Authority hat das Terminal vor vier Jahren in Betrieb genommen. An dem neuesten der drei Hamburger Kreuzfahrt-Terminals machen die ganz großen Kreuzfahrtschiffe fest. Das flache graue Gebäude gilt als eines der Vorzeigeprojekte im Hafen: In nur knapp 200 Tagen errichtet, wurde das Terminal schneller als geplant fertig. Das Bauprojekt blieb vollumfänglich im Budget; am Ende sparte es sogar 24 Millionen gegenüber der ursprünglichen Planung ein. Vor allem: Das Projekt hat seine Ziele erreicht. Die manchmal mühsamen Abstimmungen mit Stakeholdern und Nutzern haben sich rentiert. Auch mancher Kampf hat sich gelohnt: Beispielsweise hat das Projektteam darum gerungen, zusätzlich in ein Dach über dem BustermiprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 21 Hunderte von Koffern stehen in der Ankunftshalle zum Abholen parat, Foto: Oliver Steeger Geräumig und hell präsentiert sich das Terminal, Foto: HPA nal zu investieren, angesichts des Hamburger Wetters und der ansonsten im Freien stehenden Menschenschlange mehr als nur ein Luxus. Heute funktioniert das Terminal reibungslos. Wir wollen wissen: Was wird „hinter den Kulissen“ bewegt, damit die Prozesse laufen wie eine gut geölte Maschine? Wir sind morgens mit Fährlinie 73 angereist. Vom Anleger Argentinienbrücke aus sind es einige Minuten zu Fuß zum Terminal. Es liegt im Kaiser-Wilhelm-Hafen, umgeben von Container-Terminals, Schiffswerften und Lagerschuppen. Jörg Jocker nimmt uns in Empfang. Auf seiner Visitenkarte steht „Director Operations & Revenue Management“; er ist bei der Cruise Gate Hamburg GmbH tätig, einer eigenständigen Tochtergesellschaft der Hamburg Port Authority, die eigens für das Kreuzfahrtgeschäft gegründet wurde. Jörg Jocker begrüßt uns mit kräftigem Händedruck und händigt uns orangefarbene Warnwesten aus. Jeder hat seine Rolle, auch wir als Besucher. Man muss wissen, wer wohin und zu wem gehört. Das ist eine Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf. „Wir sind mit unserem Terminal auf über achttausend Passagiere ausgelegt“, sagt Jörg Jocker. So viele Menschen können das Terminal täglich nutzen: Vormittags gehen mehr als 4.000 Menschen von Bord, nachmittags beginnen ebenso viele eine neue Kreuzfahrt auf demselben Schiff. Hinzu kommt noch die Crew in vierstelliger Zahl. Wie schafft man es, so viele Passagiere auf einmal zu bewältigen? Die Antwort: indem die Passagierströme strikt getrennt werden. Jörg Jocker führt uns durch die Ankunftshalle. Obwohl die meisten Passagiere schon abgereist sind, stehen noch Koffer in Reih und Glied, bereit, von den wenigen noch aus dem Schiff kommenden Passagieren in Empfang genommen zu werden. Kinder laufen durch die Halle auf der Suche nach ihren Koffern, die am Morgen von dem Abfertigungsdienstleister des Terminals für die Gepäckausgabe aufgestellt wurden. Die Halle wirkt hell und nüchtern mit ihren Stahlträgern. Mit ihrer Weite erinnert sie an eine Messehalle. Durch ein Fensterband ist das Schiff zu erkennen, fast zum Greifen nah. „Die Passagiere wollen das Schiff sehen“, sagt Jörg Jocker. Was so viel heißt: Für die Reisenden ist das Terminal vor allem eine Durchgangsstation. Nach einer Viertelstunde, spätestens einer halben Stunde, haben sie das Terminal wieder verlassen. In Richtung Schiff oder Busbahnhof. Ansprechend sollte das Terminal werden, doch in erster Linie funktional. Folgerichtig hat die Hamburg Port Authority diesen Bau seinerzeit rein funktional ausgeschrieben ohne Vorgaben für die Architektur und Ausgestaltung. Eine der Anforderungen: Mehr als achttausend Passagiere müssen pro Tag problemlos durch die Hallen laufen können. Dass ein Spezialist für Logistikhallen den Zuschlag für den Bau bekam, wurde bei einigen zunächst mit Stirnrunzeln quittiert. Doch der routinierte und industrieerfahrene Generalunternehmer hielt, was er versprochen hatte, nicht nur hinsichtlich des Baus, sondern auch des Budgets und der Termine. Vor allem kannte er sich damit aus, wie man Räume schnörkellos-praktisch und vor allem optimal für reibungslosen Durchfluss gestaltet. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 22 REPORT Vorfreude auf die Kreuzfahrt: Nachmittags treffen die ersten Reisenden zum Einschiffen ein, Foto: Oliver Steeger stadt noch nicht lange ein strategisches Feld. Zunächst wuchs dieses Segment generisch. Erst seit einigen Jahren baut die Hamburg Port Authority diesen Bereich gezielt und systematisch aus. Neben dem Terminal Steinwerder unterhält Hamburg ein weiteres in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt in der HafenCity. Das dritte liegt in Altona; es ist allerdings den ganz großen Schiffen nicht mehr gewachsen. Wo heute Kreuzfahrtschiffe ihren „Turnaround“ machen, befand sich vor einigen Jahren ein Containerterminal. Die Umgebung hat sich etwas von der alten Rauheit bewahrt. In Sichtweite liegt ein Containerschiff vor Anker, über das sich Kräne wie Insekten hermachen. Sattelschlepper durchqueren das Hafengelände. Der Lärm dringt gedämpft heran. Indes, so unwirtlich das Umfeld erscheint, für den Bau des Terminals war das Gelände ideal. Beispielsweise konnte für das Projekt eine alte Kaimauer verwendet werden, die bis zu 19 Meter in die Tiefe reicht. Eine neue Kaimauer hätte je laufenden Meter rund 80.000 Euro gekostet, bei 400 Meter Kailänge ein nicht geringer Posten im Projektbudget. Auch war Platz genug für 1.500 Parkplätze unmittelbar am Terminal sowie für den Busbahnhof. Jörg Jocker ist studierter Betriebswirt. Bevor an dieses Terminal-Projekt zu denken war, hat er bei der Hamburg Port Authority neue Geschäftsfelder entwickelt, darunter auch das Geschäft mit Kreuzfahrtschiffen. Dieses boomende Touristiksegment bildet für die Hamburg Port Authority - angesichts des Gesamtgeschäfts - eine Nische. Doch die Hansestadt selbst profitiert ordentlich von den Kreuzfahrtreisenden. Solche übergeordneten Überlegungen führten zum Terminal-Bauprojekt und dazu, dass Jörg Jocker heute in Steinwerder arbeitet. Er wurde erst stellvertretender Projektleiter, danach kam er in die Führung der neu gegründeten Betreibergesellschaft. Obwohl er eine Führungskraft ist, kann er auch mit anpacken: Einen Führerschein für Gabelstapler bringt er aus früheren Zeiten mit. Notfalls setzt er sich selbst in den Stapler. Dies lässt er in einem Nebensatz fallen, was umso mehr seine Entschlossenheit unterstreicht, unter Druck den Terminalbetrieb reibungslos zu halten. Rund einhundert Kreuzfahrtschiffe machen jährlich am Terminal Steinwerder fest. Betreiber Cruise Gate Hamburg stellt den Reedern die Infrastruktur in diesem Terminal bereit. Dazu kommen etwa Gangways, Sicherheitseinrichtungen oder Gastronomie. Auch die Vorplanung des Wechseltags, des „Turnaround“, gehört zum Geschäft, wie zum Beispiel heute im Morgengrauen das Einweisen des 315 Meter langen Schiffs am 400 Meter langen Kai. Die gesamte Abwicklung, das Ausschiffen oder das Boarding, liegt beim Reeder. „Jeder Reeder hat da sein eigenes System“, sagt Jörg Jocker. Auch die „Kofferausgabe“ für Abreisende organisiert jeder anders. Nach dem Festmachen bringen kräftige Hände 5.000 bis 7.000 Gepäckstücke in die Ankunftshalle. Über die Art und Weise, wie sie in der Ankunftshalle optimal aufzustellen sind, gehen bei Reedern die Meinungen auseinander. „Es ist aber immer ein Stoßgeschäft“, erklärt Jörg Jocker, „ganz anders als etwa bei einem Flughafen, an dem man mit vergleichsweise gleichbleibenden Passagierströmen zu tun hat.“ Kreuzfahrten boomen. Immer mehr Menschen gehen auf Seereise. Die Schiffe werden größer und fassen immer mehr Passagiere und Crewmitglieder. An den drei Hamburger Terminals stieg die Zahl der Passagiere binnen vier Jahren von rund 519.000 auf 900.000. Indes, das Geschäft mit Kreuzfahrtschiffen ist für die HanseprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 23 Das Proviantieren - das Schiff wird beladen, Foto: Oliver Steeger Der Ankunftsbereich ist gegen Mittag leer. („Die Leute wollten schnell nach Hause“, sagt Jörg Jocker.) Die Menschenschlange vor dem Terminal hat sich aufgelöst. Es ist „Halbzeit“. Schon tröpfeln die ersten neuen Passagiere ein und geben am Terminal ihre Koffer auf. Das Gepäck geht durch einen Sicherheits-Check wie am Flughafen. Die Sicherheitskräfte suchen auch nach feuergefährlichen Gegenständen oder Elektrogeräten wie Bügeleisen, die durch einen Kurzschluss einen Brand auf dem Schiff auslösen könnten. Befreit vom Gepäck gehen die Passagiere die wenigen Schritte zur Abfahrtshalle weiter. Helfer, gekleidet in blaue Shirts und weiße Hosen, nehmen sie in Empfang und wünschen eine „schöne Reise! “. Wie beim Auschecken, so hat auch beim Einchecken jeder Reeder weitestgehend freie Hand und seinen eigenen Stil. Das reicht bis ins Detail, etwa wie viele der insgesamt dreißig Counter er öffnet oder wie er die Menschenschlangen in der Abfahrtshalle organisiert. Cruise Gate Hamburg mischt sich in der Regel nicht ein, solange die Prozesse reibungslos funktionieren. Allerdings ist für den Reeder immer ein Ansprechpartner da, der Chief Terminal Officer. Wo nötig, unterstützt er und betreibt Troubleshooting. Manchmal schlüpft Jörg Jocker in diese Rolle des Chief Terminal Officers, um an der Basis zu arbeiten und sein Gefühl für die Terminalprozesse nachzuschärfen. Er spricht viel von Durchfluss, den die Prozesse gewährleisten müssen. Im Terminal verschiebt sich der „Bottleneck“ immer wieder; Jörg Jocker und sein Team behalten im Auge, wo der Durchfluss der Passagiere gerade gehemmt sein und durch welche Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden könnte. Solch ein typischer Engpass ist das Einchecken an den Countern. Dort können sich Schlangen bilden. Reeder diskutieren deshalb das digitale Einchecken. Manche halten dies noch für Zukunftsmusik, aber es gibt bereits einige, bei denen ein Online-Check-in erfolgt. Dies würde das Einchecken flott machen, aber möglicherweise den „Bottleneck“ von den Countern weg hin etwa zu Sicherheitsschleusen oder den Passagierbrücken verschieben. Das muss man im Blick behalten. Langes Warten würde Passagiere und Reeder im schlimmsten Fall verärgern. Deshalb sind Jörg Jocker und das Team auf der Hut. „Wir haben im Terminal zum Glück viel Fläche, auf der wir Schwierigkeiten schnell in den Griff bekommen können“, sagt er. Natürlich, viel Fläche bedeutet aber auch längere Wege für Passagiere. Idealerweise benötigt ein Passagier jedoch nicht länger als 15 Minuten durch das Terminal bis an Bord des Schiffes. Die Reisenden nicht durch Wartezeiten zu verärgern, dies ist das eine, offensichtliche Ziel reibungsloser Prozesse. Indes, Jörg Jocker beobachtet den „Bottleneck“ auch aus Gründen der Sicherheit. Schon bei den ersten Überlegungen für das Projekt fiel die Aufmerksamkeit der Planer auf die Frage, wie sie große Menschenmengen optimal steuern können. Menschenmengen reagieren panisch bei Gefahren. Sogar einfache Barrieren, an denen sich Massen stauen, können einen „Ich will hier raus! “-Fluchtinstinkt auslösen und eine fatale Dynamik in Gang setzen. Solche Massenbewegungen muss man in den Griff bekommen. Fliehende Menschen brauchen Raum, viel Raum. Deshalb sind die Türen im Terminal auffallend breit. Es stellen sich keine Geschäfte, Kioskstände oder Abfertigungscounter in den Weg. Die Sicherheitsschleusen sind geräumiger dimensioniert, als es für die Kontrollen nötig wäre. Keine den Weg abschneidenden Gepäckbänder, kein Engegefühl, keine dunklen Ecken oder Barrieren, wo sich Menschen stauen könnten. Die Geräumigkeit lässt Menschen sich instinktiv sicher fühlen und macht sie entspannt. „Wir haben uns während der Planungen für dieses Projekt intensiv mit Sicherheitsfragen beschäftigt und ein Konzept entwickelt“, sagt Jörg Jocker, „für mich ist es schön zu sehen, wie sich aus unseren Überlegungen und Planungen auf Papier ein Gebäude entwickelt hat, das wirklich eine entspannte, sichere Abfertigung ermöglicht.“ In der Abfahrtshalle ist es noch mittagsruhig. Das Schiff legt erst abends ab. Einige Paare und kleine Reisegruppen sitzen auf den Bänken. Ein paar Sessel der kleinen Kaffeebar sind besetzt. Freudiges Reden über die bevorstehende Reise. Einen schnellen Kaffee noch, vielleicht einen kurzen Blick in den einzigen Shop in der Halle, der unter anderem St.-Pauli-Fanartikel und Souvenirs verkauft. Vor dem Terminalgebäude ragt das Schiff geschätzte fünfzig Meter empor. Auf dem schmalen Betonstreifen zwischen Schiff und Gebäude ist das „Proviantieren“ in Gang gekommen. Über 300 Tonnen Proviant nimmt das Kreuzfahrtschiff bei seinem „Turnaround“ auf, etwa 20 bis 25 Lkw-Ladungen. Mobile Schwerlastkräne hieven die Ladung mit einer Art improvisiertem Aufzug durch eine seitliche Luke. Große Kisten aus dem Lkw werden in einen Korb geladen, der an den Schiffsrumpf gebracht wird und von dem der Proviant durch die Luke an Bord geholt wird. „Der Hamburger Hafen ist von Ebbe und Flut beeinflusst“, sagt Jörg Jocker. Irritiert schauen wir ihn an. „Und? “ Er erklärt: „Dies bedeutet, dass wir mit einem starken Tidenhub zurechtkommen müssen.“ Das Schiff hebt und senkt sich im Rhythmus von Ebbe und Flut um mehrere Meter. Dafür müssen auch die zwei Passagierbrücken ausgelegt sein, die das Terminal mit dem Schiff verbinden. Die jeweils 100 Tonnen schweren Stahlkonstruktionen ruhen auf einem Fahrwerk mit Gummireifen. Sie reagieren sehr fein auf die Höhenbewegung des Schiffes. Um dreieinhalb Meter bewegen sie sich zentimeterweise mit dem Tidenhub. Auch können die Brücken entlang des Kais gefahren werden. Die Positionen der Einstiegsluken sind nicht genormt; jedes Schiff hat sie an einer anderen Stelle. Technisch ist das alles nicht trivial, sagt Jörg Jocker. Es gibt nicht viele Unternehmen, die solche Brücken entwickeln und passgerecht bauen können. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 24 REPORT Jörg Jocker führt uns zurück in die mittlerweile leere Ankunftshalle. Die Menschenschlange am Busterminal hat sich gänzlich aufgelöst. Er wirkt entspannt. Die erste Hälfte des „Turnaround“ ist herum. Der Tag hat gut begonnen. Immer noch fahren Sattelschlepper am Schiff vor und bringen Proviant. Die knapp 3.000 einschiffenden Passagiere, die mehr und mehr eintreffen, machen ihm keine Sorge. Das haben seine Mitarbeiter im Griff. Er weiß, dass die heute reibungslos funktionierenden Prozesse auch der sorgfältigen Projektierung des Terminals vor vier Jahren zu verdanken sind. Die detaillierte Planung hat sich für ihn gelohnt. Was auf dem Papier entworfen wurde, funktioniert gut. Die Prozesse laufen zuverlässig, die Sicherheit ist gewährleistet, die Gäste wirken entspannt. „Es läuft“, sagt Jörg Jocker mit der hanseatischen Freundlichkeit und Gelassenheit, die bei uns aber keinen Zweifel aufkommen lässt an seiner Klarheit und Konsequenz in der Sache. Crew am Terminal. Jörg Jocker führt uns zur „Seafarer’s Lounge“, einem Raum, der den Crews vorbehalten ist. Wir werden mit einem warmen Händedruck begrüßt. Es ist ruhig und fast anheimelnd. Ein paar Tische mit Tischdecken, eine Weltuhr an der Wand. Auf dem Tresen steht eine kleine Sammelbox, eine Spendendose für die Deutsche Seemannsmission. An einer Wand findet sich ein Supermarktregal mit asiatischen Nudelgerichten und Dingen des täglichen Bedarfs. Viele Crewmitglieder kommen von den Philippinen und versorgen sich mit dem, was sie aus ihrer Heimat kennen. Sie machen Pause, atmen durch. Jemand in Schiffsuniform sitzt am Tisch, Kaffee vor sich, und schaut durchs Fenster zu, wie palettenweise Proviant aus den Sattelschleppern ins Schiff verladen wird. Von den gut 5.000 Reisenden, die heute das Terminal passieren, spüren wir nichts in der Seafarer’s Lounge. Die Passagierströme auf dem Weg zum Traumschiff fließen vorbei. Eine Oase der Ruhe. Sie ist der Crews vorbehalten. Das ist auch gut so. Immer mehr Passagiere schiffen ein. Zwischen ihnen entdecken wir auf der Galerie, von der die Gangways zum Schiff abgehen, Crewmitglieder. Mit ihren Smartphones sitzen sie auf Bänken, telefonieren und surfen. „Wir haben kostenfreies WLAN“, erklärt Jörg Jocker, „das wird von der Crew gerne genutzt, um sich nach vielen Seetagen bei ihren Familien zu melden.“ Häufig sind diese Familien in Asien. Anders als vor Jahren fällt es Reedern immer schwerer, geeignete Mitarbeiter für ihre Schiffe anzuheuern. Für die Crews selbst hat der Personalmangel ein Gutes: Allmählich verbessern sich die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung. Es mag sein, dass Kreuzfahrtschiffe Menschen rund um den Globus bringen. Doch wegen der kurzen Liegezeiten kommt für die Crew nur selten ein Landgang infrage. Dies gilt auch für den „Turnaround“ in Hamburg. Die meisten Schiffsmitarbeiter werden ohnehin an Bord gebraucht, um „klar Schiff“ zu machen und etwa Kabinen für die neuen Gäste herzurichten. Also bleibt die projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 25 Anzeige BERUFSBEGLEITEND ZUM MASTER OF ARTS (M.A.) PROJEKTMANAGEMENT • Studium in nur 21 Monaten • International anerkannter Abschluss • Zulassung u.U. ohne Erststudium • Sonderkonditionen für Zertifizierungen • Kleine Gruppen INFOS & BERATUNG UNTER: business-school@tiba.de www.master.jetzt