PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Shopfloormanagement in der Bauausführung
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Benedikt Schaab
Katharina Lennartz
Markus Lanzerath
Rainard Osebold
In dem vorliegenden Artikel wird das Shopfloor Management (SFM) als Methodik des Lean Managements auf die Ausführungsphase von Bauprojekten adaptiert und modellhaft dargestellt. Das SFM baut auf einer disziplinenübergreifenden, kollaborativen Planung auf und erzeugt durch Kennzahlen Transparenz über den aktuellen Projektstatus. Auf diesem Weg werden ein kurzzyklischer SollIst-Abgleich sowie Partnerschaftlichkeit zwischen den Projektbeteiligten ermöglicht. Essenziell hierfür ist die erfolgreiche Etablierung einer Fehlerkultur, die einen kulturellen Wandel in der gesamten Branche voraussetzt.
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Shopfloormanagement in der Bauausführung Autoren: Benedikt Schaab, Katharina Lennartz, Markus Lanzerath, Rainard Osebold Die Bauindustrie ist wie kaum eine andere Industrie vom Projektgeschäft geprägt. Dabei stellt die Einzigartigkeit der Projektrahmenbedingungen alle Beteiligten vor Herausforderungen, sodass die Zielgrößen Zeit, Kosten und Qualität in Bauprojekten nur selten eingehalten werden. Eine Umfrage von KPMG International aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass 69-% der abgeschlossenen Projekte das angesetzte Budget um mehr als 10- % überschreiten. Der gesetzte Zeitrahmen der Projekte wird sogar in 75- % der Fälle um mehr als 10- % überschritten [1]. Ebenso stellt die Qualität in der Bauausführung weltweit ein Problem dar, sodass Kundenziele nicht oder nur unzureichend erfüllt werden [2]. Zur Behebung von Defiziten im Projektmanagement wird nachfolgend das Shopfloor Management als eine Methodik des Lean Managements auf die Ausführungsphase von Bauprojekten adaptiert. 1 Lean Construction (LC) Aktuelle Studien zu Defiziten im Projektmanagement von Bauprojekten zeigen unter anderem zwei Ansätze zur Effizienzsteigerung auf. Zum einen wird als Ansatz eine kollaborative Ausführungsvorbereitung gesehen, welche die Meilensteine des Auftraggebers in eine detaillierte Arbeitsplanung umwandelt und vorausschauend Probleme erkennt. Zum anderen eignet sich insbesondere ein kennzahlengestütztes Performance-Management-System, welches sowohl rückblickend als auch vorausschauend Probleme sichtbar macht, um sie lösen zu können [1]. Der japanische Automobilhersteller Toyota sah sich während des Zweiten Weltkriegs ebenfalls vor der Herausforderung, die Produktivität in seinen Werken drastisch zu erhöhen, um mit der amerikanischen Konkurrenz mithalten zu kön- Der Begriff der „schlanken Produktion“, aus dem sich das Lean Management entwickelt hat, wurde maßgeblich geprägt durch eine Studie von Womack, Jones und Roos vom Massachusetts Institute of Technology. Unter dem Titel „The machine that changed the world“ analysierten sie den Wandel der Fertigung in der Automobilindustrie. Die Erhebung der Daten fand im Rahmen des International Motor Vehicle Program-(IMVP) statt, finanziert durch Unternehmen der Automobilindustrie sowie mehrere Regierungen [3]. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete die Intention, eine Vergrößerung der Marktanteile der japanischen Automobilhersteller zu erzielen und eine neue Denkweise in der Produktion zu verfolgen, um sich somit von den westlichen Automobilherstellern abzuheben [3]. In Konklusion entstand die Entwicklung des weltweit bekannten Toyota-Produktionssystems (TPS). Um eine Übertragung der Lean-Philosophie auf andere Bereiche zu ermöglichen, formulierten die Autoren in ihrem Buch Lean Thinking fünf Grundprinzipien (siehe Abb. 1). Anhand dieser sollen im Folgenden die Ziele einer schlanken Bauabwicklung aufgeführt werden. 1.1 Spezifikation des Wertes Die Spezifikation des Wertes soll nach den Prinzipien des Lean Thinking aus Sicht des Endkunden stattfinden. Der Wert ist dabei als das definiert, wofür der Kunde bereit ist zu bezahlen. Die erste Schwierigkeit ergibt sich in der Baubran- >> Für eilige Leser In dem vorliegenden Artikel wird das Shopfloor Management (SFM) als Methodik des Lean Managements auf die Ausführungsphase von Bauprojekten adaptiert und modellhaft dargestellt. Das SFM baut auf einer disziplinenübergreifenden, kollaborativen Planung auf und erzeugt durch Kennzahlen Transparenz über den aktuellen Projektstatus. Auf diesem Weg werden ein kurzzyklischer Soll- Ist-Abgleich sowie Partnerschaftlichkeit zwischen den Projektbeteiligten ermöglicht. Essenziell hierfür ist die erfolgreiche Etablierung einer Fehlerkultur, die einen kulturellen Wandel in der gesamten Branche voraussetzt. nen. Die Untersuchung und Analyse der Produktivität hat gezeigt, dass eine der wesentlichen Ursachen in der Organisation der Fabrik lag [3]. Die erfolgreiche Reaktion auf diese Feststellung war die Entwicklung der heute allseits bekannten Lean Management-Methoden, die mittlerweile unter dem Stichwort Lean Construction in Bauprojekten Anwendung finden. Abb. 1: Fünf Grundprinzipien der Lean-Philosophie [3] projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 44 WISSEN che dadurch, dass der Endkunde eines Bauwerks zumeist nicht eindeutig zu definieren ist, wie bspw. bei einem Verbrauchsartikel. Als potenzielle Kunden kommen unter anderem der Bauherr, der zukünftige Betreiber, der Nutzer oder auch der Investor in Betracht. Diese multiple Kundendefinition und die potenzielle Umnutzung des Gebäudes innerhalb der Betriebsphase vergrößern den Kreis der zu betrachtenden Interessenträger im Rahmen der Wertedefinition deutlich [4]. Es ist dementsprechend erforderlich, das Verständnis für das Kundensystem und die Wünsche des Kunden kontinuierlich zu verändern sowie den Wert sukzessive anzupassen [5]. In der Lean-Philosophie wird neben dem externen Kunden auch verstärkt der interne Kunde betrachtet. In Übertragung auf die Baubranche können die nächsten internen Kunden nachfolgende Gewerke oder die Ausführenden auf der Baustelle darstellen. So setzt die Erfüllung der Wünsche zukünftiger interner Kunden voraus, dass die Projektbeteiligten zu jeder Zeit den Mehrwert kennen, den sie für den nächsten internen Kunden schaffen [5]. 1.2 Identifikation des Wertstroms Die Denkweise in der Bauindustrie ist stark von einem Unikat-Denken geprägt. Jedes Bauwerk wird als einzigartig angesehen, was wiederum oftmals mit einem niedrigen Standardisierungspotenzial in Verbindung gebracht wird [6]. Die Betrachtung von Wertströmen erfordert Prozessdenken. Anstatt jedes Bauwerk als Unikat zu betrachten, muss der Fokus darauf liegen, die Arbeitsschritte und ihre Schnittstellen zu verstehen, die zur Durchführung des jeweiligen Prozesses notwendig sind. Dies führt wiederum zum Erkennen von Verschwendung, die sich in Form von nicht planmäßig ausgeführten Arbeiten darstellt und Schwankungen innerhalb des Prozesses zur Folge haben kann [7]. 1.3 Das Flow-Prinzip Anders als in der stationären Industrie ist es in der Bauindustrie nicht möglich, dass sich das zu erstellende Produkt von einer Arbeitsstation zur nächsten bewegt. Stattdessen bewegen sich die Arbeitsstationen in Form der Gewerke durch das Gebäude [8]. Planabweichungen, die aus Schwankungen in Ausführungsprozessen resultieren, sind in der Bauindustrie im Vergleich zur stationären Industrie hoch. Dies ist mit einer höheren Anzahl von Unsicherheitsfaktoren zu begründen, die durch nicht vorhandene Vorarbeiten die Ausführung einer Tätigkeit verhindern können. Empirische Erhebungen von Ballard und Howell zeigen, dass die Quote der wie geplant ausgeführten Tätigkeiten in Bauprojekten in der Regel unter 60-% liegt [9]. 1.4 Das Pull-Prinzip Das Pull-Prinzip kann generell sowohl auf den Materialfluss als auch auf den Informationsfluss angewendet werden. Um das Pull-Prinzip in der Materialbestellung effektiv anzuwenden, muss die Vorlaufzeit der Bestellung größer sein als die Zeit, die der Lieferant benötigt, um die bestellten Materialien (einschließlich Produktion) zu liefern. Aufgrund zuvor beschriebener Schwankungen innerhalb der Bauabläufe sind Bestellungen nach dem Pull-Prinzip bisher kaum effektiv umsetzbar [10]. Auch in der Ausführungsvorbereitung kann das Pull-Prinzip angewendet werden. Bei der Pull-Planung wird jedes Arbeitspaket auf seine Durchführbarkeit geprüft, bevor es als geplant an die Ausführung übergeben wird. Eine Weitergabe in den Ausführungsprozess findet nur nach Beseitigung der Unsicherheitsfaktoren statt. Der nachfolgende Prozess „zieht“ demnach alle Vorleistungen der vorgelagerten Prozesse, um einen störungsfreien Ablauf zu gewährleisten. [10]. 1.5 Perfektion Zum Streben nach Perfektion setzt der Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung an der untersten Ebene der Hierarchie an. Die ausführenden Arbeitskräfte, die im Rahmen der Wertschöpfung die Verschwendungen direkt mitbekommen und diese wahrnehmen, werden dazu motiviert, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und Probleme damit nachhaltig zu lösen [7]. Dazu stellt die Etablierung einer Fehlerkultur eine notwendige Grundlage dar, die eine Kommunikation über Fehler und Störungen zulässt [11]. Zur Steigerung der Motivation zum Einreichen von Verbesserungsvorschlägen können Incentivierungssysteme eingeführt werden, die Arbeitskräften und Nachunternehmern einen Bonus für angestoßene Verbesserungen in Aussicht stellen [12]. 2 Shopfloor Management (SFM) Das Shopfloor Management - (SFM) ist eine Methodik aus dem Lean Management. Sie beschreibt eine Führungssystematik, die den Fokus auf die Führung am Ort der Wertschöpfung legt, d.-h., dass bei produzierenden Unternehmen die Führung in der Produktionsstätte, dem „Shopfloor“, stattfindet. Dieser Grundgedanke findet sich in den Grundwerten des TPS wieder. Einer der fünf Grundwerte lautet Genchi Genbutsu, was übersetzt bedeutet: „Gehe hin und siehe selbst! “ Es fordert Führungskräfte dazu auf, sich von aufgetretenen Problemen vor Ort selbst ein Bild zu machen, um die tatsächliche Ursache zu ergründen und das Problem nachhaltig lösen zu können [13]. Im Kontext des SFM beschreibt der Shopfloor denjenigen Ort innerhalb eines Unternehmens, an dem ein Wert für die Gesellschaft generiert wird. Dieser ist abhängig von dem jeweiligen Produkt bzw. der Dienstleistung und kann sich daher sehr unterschiedlich darstellen [14]. Auch wenn das SFM ursprünglich aus dem Produktionsbereich kommt, ist es für die Führung des gesamten Unternehmens einschließlich der administrativen Bereiche gedacht. Die Bedeutung des Begriffs SFM sollte daher als „Führung am Ort des Geschehens“ verstanden werden [15]. Aus der Literatur lassen sich zwei wesentliche Ziele des SFM herausstellen, die sich zum einen in der kontinuierlichen Prozessverbesserung und -stabilisierung sowie zum anderen in der Befähigung und Motivation der Mitarbeiter zur Selbststeuerung darstellen. Zur Erreichung dieser Ziele sind drei Aspekte von Relevanz: • Regelkommunikation • Abweichungsmanagement und Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) • Führungsverhalten 2.1 Regelkommunikation Unter Regelkommunikation wird der Aufbau einer klar strukturierten und untereinander koordinierten Landschaft von regelmäßig stattfindenden Besprechungen verstanden [16,- 17]. Sie verfolgt das Ziel, den Informationsfluss über alle Hierarchieebenen derart zu gestalten, dass Entscheidungen transparent und schnell getroffen werden können [18]. Um das Ziel des befähigten und sich selbstständig steuernden Mitarbeiters zu erreichen, wird projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 45 im SFM das Konzept der Mini-Company (MC) angewandt. Dieses betrachtet jeden Mitarbeiter als den Chef seines Verantwortungsbereichs. Auf der Ebene des Shopfloors bilden sich MC in Form der Teams und ihrer Teamleiter. Diese wiederum bilden eine MC mit anderen Teamleitern und dem jeweiligen Gruppenleiter. Dies setzt sich fort bis in die Ebene des Topmanagements des Unternehmens [14]. Innerhalb der MC finden regelmäßige Besprechungen statt. Diese dienen dazu, die aktuellen Ziele, Probleme und Aufgaben der MC zu besprechen [15]. Durch die Überschneidungen der MC gliedern sie sich in eine Kaskade von Regelkommunikationstreffen ein, welche einen Informationsfluss von der untersten Ebene bis in das Topmanagement sowie andersherum ermöglicht [14, 15, 18, 19]. 2.2 Abweichungsmanagement und KVP Jedes Unternehmen verfolgt Ziele unterschiedlicher Art, an denen es seinen Erfolg oder Misserfolg misst. Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, gilt dies auch für die MC innerhalb des SFM. Das Abweichungsmanagement soll durch das frühzeitige Erkennen von Abweichungen und entsprechendes Gegensteuern ermöglichen, ungewollte Auswirkungen auf diese Ziele zu vermeiden [15]. Dazu wird im SFM kurzzyklisch der aktuelle Zustand im Vergleich zu einem definierten Soll-Zustand bewertet. Hertle et al. stellen den Standardablauf des SFM anhand eines Regelkreises dar. Aus diesem lassen sich die drei Schritte „Messbarkeit erzeugen, Abweichungen erkennen und Probleme lösen“ zusammenfassen [20]. Die Messgrößen lassen sich in fünf Zielkategorien einteilen, welche innerhalb des SFM auf jeder Ebene betrachtet werden. Diese beinhalten neben den drei klassischen Zielgrößen des Projektmanagements Qualität, Zeit und Kosten die Zielkategorien Sicherheit und Moral [14]. Es wird generell zwischen ursachenorientierten und ergebnisorientierten Messgrößen unterschieden. Während die ergebnisorientierten Kennzahlen lediglich eine Aussage über das Ergebnis im Nachhinein zulassen, können die Abweichungen durch die ursachenorientierten Kennzahlen womöglich erklärt und gelöst werden [18]. Die Messgrößen und zugehörigen Sollwerte müssen in Abhängigkeit des Projekts und des Gewerks definiert werden, um die Anforderungen an Kennzahlen zu erfüllen. Eine ursachenorientierte Kennzahl in der Kategorie Qualität könnte beispielsweise auf standardisierten Checklisten aufbauen. Diese sind für jedes Arbeitspaket zu erstellen und werden nach Abschluss des Arbeitspakets von den Ausführenden kontrolliert. Die Anzahl der Abweichungen ist eine Kennzahl, welche in Relation zur ergebnisorientierten Kennzahl der durch den Auftraggeber beanstandeten Mängel steht. 2.3 Führungsverhalten Das Ziel des SFM ist eine Befähigung und Motivation der Mitarbeiter zur Selbststeuerung, wodurch sich auch die Rolle der Führungskräfte maßgeblich verändert [15]. Das SFM zeichnet sich durch einen Führungsstil aus, welcher auf der einen Seite durch ein partnerschaftliches Verhältnis geprägt ist und sich auf der anderen Seite durch eine hohe Verbindlichkeit auszeichnet. Dies bedeutet, dass den Mitarbeitern eine hohe Wertschätzung in Bezug auf ihr Wissen und ihre Meinungen entgegengebracht und ihnen Freiraum zum selbstständigen Treffen von Entscheidungen gegeben wird. Durch die Verbindlichkeit werden sie verstärkt in die Pflicht genommen, definierte Ziele zu erreichen [15,- 16]. Suzaki beschreibt den Wechsel der Führungseinstellung von einem „Mach, was ich dir sage! ” zu einem fragenden „Wie würdest du vorgehen? ” [14]. Dies lässt sich auch in dem durch Toyota bekannt gewordenen Mentor-Mentee-Prinzip wiedererkennen. Dabei ist es die Aufgabe der Führungskraft als Mentor, ihre Mitarbeiter zum eigenständigen Denken zu befähigen. Die Führungskraft unterstützt dabei den Mitarbeiter auf dem Weg der Problemlösung oder der Verbesserung eines Prozesses durch gezieltes Fragen. Sie gibt dabei keine Lösungsvorschläge, sondern versucht, Fragen zu stellen, die dem Mentee bei der eigenen Lösungsfindung helfen [15, 16]. Diese Befähigung der Mitarbeiter zum eigenständigen Arbeiten schafft den Führungskräften Freiräume, die sie zur Verfolgung zukünftiger Ziele nutzen können [14]. Auch die Zielsetzung und Zielverfolgung findet transparent und in einem partnerschaftlichen Verhältnis statt. Die Erfolgskontrolle darf dabei nicht als Überwachungsinstrument, sondern als Bewertung der gemeinsam beschlossenen Maßnahmen und Ziele verstanden werden [17]. Dabei darf die Transparenz vonseiten der Führung niemals ausgenutzt werden. Aufgabe der Führungskraft ist es, den Mitarbeitern die Angst vor der entstehenden Transparenz gezielt zu nehmen [15]. 3 Adaption des SFM auf die Organisation der Baustelle Die Anwendung des SFM auf das Projektgeschäft der Baubranche ergibt eine U-förmige Ablauforganisation (siehe Abb. 2), die auf dem Projektmanagementregelkreis nach Burghardt basiert [21]. Sie orientiert sich an den bestehenden Strukturen der Aufbauorganisationen bei großen Bauprojekten und ordnet die Definition des Soll sowie das Steuern des Ist den Hierarchieebenen der Aufbauorganisation zu. Weiterhin strukturiert sie den Informations- und Kommunikationsfluss innerhalb des Projekts mittels einer durchgehenden Regelkommunikation. Während der Sollzustand in der stationären Industrie durch die Produktionsplanung meist scharf auf Stunden-, Minutenbzw. Sekundenbasis definiert ist, existiert in der Bauausführung zumeist nur ein Terminplan, welcher in Form von grob geplanten Aktivitäten den Projektablauf darstellt. Dieser wird als Orientierung herangezogen, lässt aber aufgrund fehlender Messgrößen keinen genauen Soll-Ist-Abgleich zu. Nach den Ansätzen des Lean Managements sollen die Aufgaben des Projektmanagements verstärkt auf die an der Ausführung Beteiligten übertragen werden. D. h., sowohl die Definition des Sollzustandes als auch die Überwachung des Istzustandes und das Ergreifen von geeigneten Maßnahmen sollen auf der Ebene des Wertstroms stattfinden. Das darauf aufbauende Management unterstützt dabei den Wertstrom, welcher in der Baubranche stark segmentiert ist [22]. Dies sorgt für hohe Abhängigkeiten zwischen den Projektbeteiligten, weshalb die Ausführungsvorbereitung zwingend kollaborativ zu erfolgen hat. Durch die kollaborative Planung werden Zielvorgaben in Arbeitspakete auf Wochen- oder Tagesbasis heruntergebrochen, die messbar formuliert sind und einen kurzzyklischen Abgleich mit dem Istzustand ermöglichen. Der Abgleich des Istmit dem Sollzustand findet in den Linienfunktionen der Gewerke statt. Durch die fachliche Kompetenz können Abweichungen erkannt und geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Um eine schnelle Reaktion auf Probleme zu ermöglichen und eine nachhaltige projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 46 WISSEN kontinuierliche Verbesserung der Prozesse über das gesamte Projekt zu erzeugen, werden die Grundprinzipien des SFM angewandt. Die Ablauforganisation bringt die Informationen in einen Fluss. Dazu verbindet sie die kollaborative Planung (linke Seite) mit der Gewerkeführung (rechte Seite). Die kollaborative Planung wandelt die mit dem Kunden vereinbarten Meilensteine in messbare Arbeitspakete um, die das Tages-Soll im Sinne des Gesamtprojekts definieren. Die Definition des Sollzustands in diesen tagesgenauen Messgrößen ermöglicht - im Gegensatz zu langfristig angelegten und in vielen Fällen nur selten aktualisierten Balkenterminplänen - einen kurzzyklischen Abgleich zwischen dem Ist- und dem Sollzustand sowie ein entsprechend frühzeitiges Erkennen von Abweichungen. Das Erfassen des Istzustands und das Ergreifen von Maßnahmen bei Abweichungen finden in der Gewerkeführung als der zweiten Säule der Ablauforganisation statt. In dieser werden die Arbeitsergebnisse auf der Baustelle täglich mit den geplanten Arbeitspaketen abgeglichen und die Aufgaben des Projektcontrollings sowie der Projektsteuerung übernommen, wie sie im Regelkreis nach Burghardt benannt sind. Aufbauend auf der Erfassung des Istzustands werden sowohl ursachenals auch ergebnisorientierte Kennzahlen erhoben (siehe Kap. 2.2). Die ursachenorientierten Kennzahlen ermöglichen dabei das vorausschauende Erkennen von Problemen, während die ergebnisorientierten Kennzahlen zurückschauend Probleme aufzeigen. Abweichungen des Istvom Sollzustand werden auf ihre Ursachen hin untersucht und innerhalb der Führungskaskade konsequent verhindert. Dazu dient der systematische Problemlösungsprozess des PLAN- DO-CHECK-ACT(PDCA)-Zyklus. 3.1 Projektkernteam Das Projektkernteam stellt das Bindeglied zum Projektumfeld dar. Es kontrolliert die Einhaltung der für den Kunden relevanten Zielgrößen auf Basis des aktuellen Istzustands und regelt die Einbindung von Änderungen in den Planungsprozess. Dazu verfolgt es den aus der kollaborativen Planung gemeldeten Status der Bauausführung und betrachtet mögliche Auswirkungen auf die definierten Meilensteine. Das Projektkernteam führt die relevanten Informationen zusammen, trifft strategische Entscheidungen und behält den Überblick über das gesamte Projekt. Das Projektkernteam besteht aus dem Projektleiter sowie den Oberbauleitern der Gewerke. Bei Bedarf sollte der Personenkreis um weitere Entscheidungsträger, wie bspw. aus der baubegleitenden Planung oder den administrativen Bereichen, erweitert werden. Die Aufgabe des Projektkernteams ist die Sicherstellung der mit dem Kunden vereinbarten Zielgrößen. Dazu stellt es eine Verbindung zwischen der Definition des Sollzustands in der kollaborativen Planung und der Aufnahme des Istzustands durch die Gewerkeführung her. Weiterhin ist das Projektkernteam die Schnittstelle des Projekts zum Kunden und zu weiteren externen Stakeholdern. Neben der Nachverfolgung der Projektziele ist es auch die Aufgabe des Kernteams, Änderungen in die Planung einfließen zu lassen und daraus entstehende Risiken für die Projektziele möglichst gering zu halten. Die Projektziele werden stark durch Änderungen beeinflusst, die aus der Projektorganisation heraus (interne Änderungen) oder aber von außen aus dem Projektumfeld stammen (externe Änderungen) [23]. Folgende Ursachen können dabei Änderungen bedingen [23]: • „Nachträgliche Nutzer-/ Bauherrenwünsche • Änderungen bei Vorschriften bzw. Genehmigungsprozeduren • Unpräzise Vorgaben (quantitativ und qualitativ) • Neue Erkenntnisse aus fortschreitender Bautätigkeit • Unvorhergesehene technische Probleme • Unzureichende Vorplanung und Voruntersuchungen“ Die Folgen von Änderungen sind häufig für alle Gewerke relevant, sodass bestehende Bauablaufplanungen an die neuen Gegebenheiten anzupassen sind. Das aktuell auf vielen Baustellen angewandte Änderungsmanagement beschränkt sich meist auf die Dokumentation von Änderungen und die Begründung von Mehrvergütungsansprüchen. Ein kundenorientiertes Änderungsmanagement sollte jedoch darüber hinaus die Auswirkungen, die sich durch Änderungen für die Zielgrößen des Projekts ergeben, minimieren [24]. Dabei lautet die Grundannahme: Änderungen sind keine Ausnahmen, sondern die Regel. Das Projektkernteam muss Änderungen, die sich intern ergeben, frühzeitig erkennen, gegensteuern und die Auswirkungen von eintretenden internen sowie externen Änderungen auf die Zielgrößen minimieren. 3.2 Kollaborative Planung Kollaboration beschreibt die höchste Stufe der Interaktion zwischen Wertschöpfungspartnern in Abb. 2: Übersicht Ablauforganisation projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 47 einem Unternehmensnetzwerk. Im Gegensatz zu den Stufen der Kommunikation, Koordination und Kooperation beschreibt die Kollaboration das gemeinsame Bearbeiten einer Aufgabe am selben Objekt. Der Grad der Integration der Aufgaben ist in diesem Fall so hoch, dass die Abgrenzung der einzelnen Teilaufgaben nicht mehr klar möglich ist [25]. Die Eigenschaften von Bauprojekten erfordern grundlegend eine kollaborative Interaktion. Häufig scheitert dies aber gerade an der fehlenden Bereitschaft, die gegenseitigen Abhängigkeiten, die durch das gemeinsame Arbeiten an einem Produkt gegeben sind, zu akzeptieren. Ansätze der kollaborativen Planung versuchen diesen Missstand durch ein gemeinsames Planen der Vorgehensweise zu verbessern. Eine bekannte Vorgehensweise stellt das von Ballard entwickelte Last-Planner-System (LPS) dar. Der Last Planner eines Projekts ist derjenige, der die groben Vorgaben der Terminplanung, die ihm von oben vorgeschrieben werden, auf Aufgaben herunterbricht und entscheidet, welche Tätigkeit am nächsten Tag ausgeführt wird. Dieser letzte Schritt der Ausführungsplanung findet auf demselben Level statt, auf dem am Ende die Aufgaben ausgeführt werden [26]. Das LPS basiert auf einer Planung „vom Groben ins Feine“. Diese beruht auf der Regel, dass Planungen immer nur Prognosen darstellen, die umso fehlerbehafteter sind, je weiter der geplante Prozess in der Zukunft liegt. Im LPS ist die Planung daher in einer hierarchischen Ordnung festgelegt, unterteilt in den Masterterminplan, den Phasenterminplan, die Vorausschauplanung und die Zusagenplanung [27]. Genauso wie die Grundsätze des LPS es vorsehen, wird die Ausführungsvorbereitung umso detaillierter, je näher sie der Ausführung kommt [28]. Die in Abb. 3 gewählten Zeithorizonte entsprechen den durch Ballard benannten Zeithorizonten gemäß LPS. Durch die hierarchische Planung wird der mit dem Auftraggeber abgestimmte Rahmenterminplan bis auf tageweise Arbeitspakete mit greifbaren Inhalten heruntergebrochen. Um diese nach der Abweichungslogik des SFM bewerten zu können, müssen sie messbar und überschneidungsfrei beschrieben sein. D. h., neben Zeitpunkt, Ort und Beschreibung werden auch Messgrößen definiert, wie die benötigten Kapazitäten und die genaue Anzahl der auszuführenden Tätigkeiten. Die Visualisierung der Planung findet dabei an einem Planungsboard statt (siehe Abb. 4). Auf diesem werden die Arbeitspakete entsprechend dem Ausführungstermin und Bauabschnitt in Abhängigkeit zu den anderen Paketen gesetzt. 3.3 Gewerkeführung Das Ergebnis der kollaborativen Planung stellt den von allen Beteiligten zugesagten Prozess dar, auf welchem das SFM aufgebaut werden kann. Dieses unterteilt sich, anders als der gewerkeübergreifende Prozess der kollaborativen Planung, nach den hierarchischen Strukturen innerhalb der Gewerke. Bei großen Bauprojekten entsteht somit eine mehrstufige Hierarchie, wie sie in Abb. 5 zu sehen ist. Diese zeigt einen Ausschnitt der Regelkommunikationskaskade, wobei eine Farbfamilie ein Gewerk darstellt. Die Ebenen sind nach der zuständigen Führungskraft benannt, die der Leiter der MC ist und diese auf der nächsthöheren Ebene vertritt (siehe Kap. 2.1). Durch diese Regelkommunikationskaskade wird eine Verbindung zwischen der Baustelle und der Projektleitung hergestellt. Die Regelkommunikation des SFM bezieht auch die am Wertstrom tätigen Kolonnen ein und ist von Standards geprägt. So sind neben der Agenda auch Verhaltensweisen für die Treffen festgelegt. Diese stellen sicher, dass die Besprechungen so effizient wie möglich und innerhalb der angesetzten Zeit durchgeführt werden können. Dazu gehört auch, dass die Teilnehmer pünktlich erscheinen, vorbereitet sind und alle benötigten Informationen vorab zur Verfügung gestellt bekommen haben. Insbesondere täglich stattfindende Regelkommunikationstreffen sind dabei zeitlich beschränkt und sollten 15 Minuten nicht übersteigen. Aufbauend auf den definierten Arbeitspaketen werden im Rahmen des SFM Kennzahlen erhoben und an einem Board visualisiert. Das ermöglicht es der Führungskraft, anhand von Fakten Abweichungen von den Zielgrößen zu erkennen und darauf basierend Maßnahmen ergreifen zu können. Auf Basis der definierten Arbeitspakete lassen sich unter anderem tagesaktuelle Kennzahlen über den aktuellen Status in Bezug auf die Termineinhaltung, die angefallenen Personal- und Materialaufwände sowie über die ausgeführte Qualität erfassen. Die tageweise Definition verhindert, dass Abweichungen von den Zielgrößen erst nach langen Zeiträumen erkannt werden. 4 Implementierung und Ausblick Um eine erfolgreiche Umsetzung des vorgestellten Projektmanagementansatzes in der Baubranche zu ermöglichen, ist vor allem eine Anpassung des Verhaltens aller Projektbeteiligten notwendig. Dieses Verhalten zeigt sich in dem Willen zur echten Kollaboration, der Verbindlichkeit der Zusagen sowie dem ständigen Ausrichten der Projektaktivitäten auf die Bedürfnisse des Kunden. In Bauprojekten sind die Abb. 3: Hierarchische Ebenen der kollaborativen Planung projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 48 WISSEN Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen häufig von untereinander abgeschlossenen Verträgen geprägt. Dies führt zu angespannten und von Misstrauen begleiteten Verhältnissen, die eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens verhindern [29,-30]. Sowohl in der kollaborativen Planung als auch in der Gewerkeführung sind Änderungen im Verhalten der Beteiligten notwendig, um das volle Potenzial des SFM heben zu können. Dieses lässt sich anhand von verschiedenen Verhaltens- und Denkweisen beschreiben: 4.1 Verbindlichkeit Die kollaborative Planung beruht auf der Verbindlichkeit der Zusagen aller Projektbeteiligten. Werden die Zusagen nicht eingehalten, ist die Planung nicht belastbar. Dieses Merkmal wird häufig als Netz aus Zusagen beschrieben [31,- 33]. Es funktioniert lediglich, wenn alle Projektbeteiligten auf die Zusagen der anderen vertrauen können und selbst fundierte Zusagen geben. Diese Verbindlichkeit setzt ebenfalls das Widerrufen von Zusagen voraus. Sobald derjenige, der eine Zusage getätigt hat, nicht mehr darauf vertraut, sie auch einhalten zu können, ist er dazu verpflichtet, dies mitzuteilen [27]. 4.2 Ausrichtung auf das Projekt Da die Wertschöpfung für den Kunden nicht in den einzelnen Gewerken stattfindet, sondern erst durch das Zusammenfügen der einzelnen Arbeiten, gilt es, das Projekt als Ganzes zu optimieren. Dies führt dazu, dass die Interessen der einzelnen Beteiligten hinter die des Gesamtprojektes zurückzustellen sind [30]. 4.3 Führungsverhalten Das Führungsverhalten im SFM basiert auf einem partnerschaftlichen und verbindlichen Verhältnis und hat zum Ziel, die Mitarbeiter zur Selbststeuerung zu befähigen. Dies erfordert, dass die Führung über die Managementtätigkeiten hinausgeht und eine direkte Interaktion der Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern stattfindet. Diese findet zum einen im Rahmen der Regelkommunikation, zum anderen aber auch durch das Coaching im Alltag statt. Das Verhalten der Führungskräfte muss genauso wie die sichtbaren Werkzeuge des SFM zu einer Routine werden, die für jeden ersichtlich nach einem festen Muster abläuft. Toyota bezeichnet diese routinierten Verhaltensweisen als Kata. 4.4 Kundenbeziehung Wie in Kap.-1 beschrieben, erfordern die Besonderheiten der Bauindustrie eine ständige Anpassung und Überarbeitung des Wertes aus der Sicht des Kunden. Das SFM muss von den Ver- Abb. 4: Planungsboard Arbeitspakete Abb. 5: Führungskräfte in der Regelkommunikationskaskade projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 49 [5] Nesensohn, C./ Fiedler, M., Lean Culture, 2018 [6] Kitzmann, Q./ Brenk, W., Entwicklung zu Lean Construction, 2018 [7] Picchi, F./ Granja, A., Lean Principles, 2004 [8] Koskela, L., Production Theory, 2000 [9] Ballard, G./ Howell, G., Shielding Production, 1998 [10] Ballard, H. G., Last Planner, 2000 [11] Carl, C./ Haenes, H., Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, 2007 [12] Nakagawa, Y./ Shimizuz, Y., Adoption Toyota, 2004 [13] Liker, J. K./ Convis, G. 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Anschrift: STAUFEN AG, Blumenstraße 5, 73257 Köngen, E-Mail: b.schaab@staufen.ag Katharina Lennartz, M. Sc., arbeitet seit 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und Institut für Baubetrieb und Projektmanagement der RWTH Aachen University und promoviert dort zum Thema Agilität im Bauprojektmanagement. Von 2007 bis 2013 studierte sie Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen University sowie der NTNU in Trondheim und war anschließend im Projektmanagement eines Generalplanungsunternehmens tätig. Anschrift: Lehrstuhl und Institut für Baubetrieb und Projektmanagement (ibp), RWTH Aachen University, Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen, E-Mail: lennartz@ibp.rwth-aachen.de Markus Lanzerath, M. Sc., ist seit März 2019 Geschäftsführer eines Wirtschaftsverbands der Betonindustrie (www.fbsrohre.de). Zuvor war er sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement sowie als Berater für unternehmensstrategische Fragestellungen tätig. Der studierte Wirtschaftsingenieur ist ebenfalls Gründer und 2. Vorsitzender von BAUEN Aachen e. V., einem Netzwerk aus aktuellen und ehemaligen Studierenden mit baubetrieblicher Ausrichtung. Anschrift: Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e. V. (FBS), Schloßallee 10, 53179 Bonn, E-Mail: markus.lanzerath@fbsrohre.de Prof. Dr. Rainard Osebold ist seit 2003 Universitätsprofessor an der Fakultät für Bauingenieurwesen der RWTH Aachen University sowie Leiter des Lehrstuhls und Instituts für Baubetrieb und Projektmanagement. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens an der RWTH Aachen University und seiner Promotion war er als Bauleiter, Projektleiter, Prokurist und Geschäftsführer in der Bauindustrie tätig. antwortlichen als Möglichkeit gesehen und dazu entwickelt werden, auf diese Änderungen reagieren zu können und sie im Sinne des Kunden umzusetzen. Der Bauherr wiederum muss für eine erfolgreiche Umsetzung des Ansatzes sicherstellen, dass Entscheidungen zeitnah getroffen und Vorleistungen, welche nicht im Einflussbereich der Projektorganisation liegen, erbracht werden. 4.5 Vergabe und Verträge Die aktuellen Vergabeformen und Vertragsstrukturen in Bauprojekten sind zumeist nicht auf ein kollaboratives Verhalten im Sinne der Projektziele ausgerichtet. Die vertraglichen Strukturen geben in vielen Fällen Anreize, nicht im Sinne des Projektes, sondern im Sinne der effizienten Durchführung der eigenen vertraglich geregelten Leistungen zu handeln. Dieser Umstand hat insofern auf den entwickelten Projektmanagementansatz Auswirkungen, da die Beteiligten, trotz der anders gesetzten vertraglichen Anreize, die Vorteile in der Kollaboration erkennen müssen. Erkennen sie diese nicht, wird eine echte Kollaboration unmöglich sein. Um diesen Missstand der falschen Motivation zu beheben, existieren bereits neue Vertragsformen (bspw. Integrated Form of Agreement sowie Allianzverträge), die eine Kollaboration innerhalb der Projektorganisation belohnen. 4.6 Fehlerkultur Die Entwicklung einer gemeinsamen Fehlerkultur, in der aus Fehlern gelernt wird und die die Angst vor dem Aufzeigen von Fehlern nimmt, ist essenziell, um Transparenz und einen KVP zu erzeugen [11]. Dazu muss das Verhältnis zwischen den Projektbeteiligten frei von Schuldzuweisungen sein und stattdessen ein gemeinsames Lösen der Probleme stattfinden [30,-33]. Dieser Aspekt stellt eine wesentliche Herausforderung bei der Anwendung des vorgestellten Projektmanagementansatzes dar und erfordert einen weitreichenden Kulturwandel in der gesamten Branche. Literatur [1] KPMG International, Climbing the curve, 2015 [2] Ali, A. S./ Wen, K. H., Building Defects, 2011 [3] Womack, J. P./ Jones, D. T./ Roos, D., Die zweite Revolution, 1992 [4] Fiedler, M./ Dlouhy, J./ Binninger, M., Lean in der Baubranche, 2018 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 50 WISSEN