PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Deutscher Studienpreis Projektmanagement“ der GPM verliehen
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Oliver Steeger
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Wie tief greifende Trends das Personalmanagement verändern - dazu stellte Keynote Speaker Dr. Robert Neuhauser seine Gedanken vor, Foto: Oliver Steeger tistische Durchschnittswerte, die Wettererscheinungen in ihrer Gesamtheit, die wir weder spüren noch fühlen können. Zum Wetter haben wir eine emotionale Bindung. Zum Klima nicht. Dies macht es so schwierig, die Dringlichkeit des Klimaschutzes zu verstehen. Uns bleiben - je nach Klimaziel - noch acht bis fünfzehn Jahre, die weltweiten CO 2 -Emissionen in den Griff zu bekommen. „Es wäre langsam sinnvoll, jetzt ein globales Projekt daraus zu machen“, sagte Sven Plöger. Die Schwierigkeit: Wir Deutschen neigen dazu, Klimarhetorik gut zu beherrschen - schneiden aber beim Klimaverhalten schlecht ab. Nach wie vor gewinnen wir unsere Energie zum allergrößten Teil aus fossilen Brennstoffen - obwohl die Sonne uns global gesehen sechstausendmal mehr Energie liefert, als wir tatsächlich brauchen. „Es kommt auf jeden Einzelnen an“, schrieb Sven Plöger den Projektmanagern ins Stammbuch, „wir haben noch Zeit, die wir nutzen können - doch wir müssen endlich etwas tun.“ Einblicke in die Veränderungen beim Thema Human Resources gab Keynote Speaker Dr. Robert Neuhauser, Global VP People & Leadership bei Siemens. „Tief greifende Trends verändern derzeit die Welt des Personalmanagements“, erklärte er. Die schwindende Vorhersagbarkeit in der Wirtschaft habe deutliche Auswirkungen auf die HR. Hinzu kommen neue Technologien in der HR sowie eindeutige Ergebnisse aus der Forschung beispielsweise zu Fragen, was gute Führungskräfte ausmacht, welche Incentives sinnvoll sind und wie man optimal mit Menschen umgeht. Besonders bei jungen Menschen wandeln sich die Vorstellungen darüber, was sie von ihrem Beruf und ihrer Karriere erwarten und wie sie leben wollen. Jüngere haben begriffen, dass sie sich alle fünf bis sechs Jahre neu erfinden müssen - und treten deshalb mit klaren Erwartungen etwa zur Work-Life-Balance an ihre Arbeitgeber heran, um sich nicht zu verbrennen. Eine immer wichtigere Rolle spielt auch die künstliche Intelligenz. Sie erlaube es (je nach Rechtssystem), menschliches Verhalten zu prognostizieren - beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, ob jemand aufsteigen will oder in den nächsten Wochen kündigen wird. Siemens zieht aus diesen Trends seine Schlüsse. Das Unternehmen schaffte beispielsweise Incentives sowie die Entlohnung nach einem Levelsystem ab; stattdessen setzt es auf „market conform pay“. Auch gibt es keine vorgefertigten Karrierepfade mehr. Am Ende gehe es, so Dr. Robert Neuhauser, immer um die Frage: Wie behandeln wir die einzelnen Menschen? Autor: Oliver Steeger Bereicherndes Know-how für die Community „Deutscher Studienpreis Projektmanagement“ der GPM verliehen Projektmanagement an Hochschulen zu fördern - dies hat bei der GPM seit vielen Jahren Tradition. Mit ihrem „Deutschen Studienpreis Projektmanagement“ (DSPM) zeichnet sie jährlich akademischen Nachwuchs aus. Dies kommt nicht nur dem Nachwuchs zugute, sondern auch der Wissenschaft: Die Arbeiten bereichern die PM-Community mit zukunftweisenden Ideen und verblüffenden Lösungen. In diesem Jahr prämierte die zwölfköpfige Jury unter Leitung von Professor Yvonne Schoper zwei herausragende Arbeiten, eine Bachelorarbeit und eine Masterarbeit. „Die Arbeiten leisten wieder wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Projektmanagement-Disziplin“, erklärte Professor Yvonne Schoper bei der Preisverleihung auf dem Galaabend des diesjährigen PM Forum. Die Forschungsergebnisse der jungen Wissenschaftler haben einen großen Bezug zur Praxis und sind nützlich für viele Projektarten und Projektbereiche. Auch für den Nachwuchs lohnt sich die Teilnahme am DSPM. „Die Erfahrung zeigt, dass frühere Gewinner heute in verantwortungsvollen Positionen tätig sind“, sagte die Jury-Leiterin, „sie bereichern mit ihrem Know-how das GPM Netzwerk, aber auch das Projektmanagement im Allgemeinen.“ Die preisgekrönte Masterarbeit von Roland Fuchs steht unter dem Titel „Geschäftsmodellinnovation: Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Geschäftsmodellinnovation mit Design Thinking“ (Technische Universität Berlin, Fakultät Wirtschaft und Management, betreuender Professor: Prof. Dr. Søren Salomo). Design Thinking gehört heute zum Werkzeugkoffer agilen Arbeitens. Roland Fuchs befasst sich mit diesem weitverbreiteten Ansatz, und er ermittelt, inwieweit dieser Ansatz bei der projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 65 Geschäftsmodellinnovation eingesetzt werden kann. Seine Forschungsfrage: Welche Elemente, Aspekte und Philosophien von Design Thinking eignen sich in diesem Zusammenhang? Was können wir berücksichtigen und anwenden? In seiner Arbeit beschreibt Roland Fuchs zunächst die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Geschäftsmodellinnovation. Darauf aufbauend untersucht er, wie Design Thinking bei der Bewältigung dieser Herausforderung unterstützen kann. Seine Erkenntnis: Die Basiselemente von Design Thinking stehen in vielversprechendem Zusammenhang mit den Erfolgsfaktoren der frühen Phase im Innovationsprozess. Sie können den Prozess der Geschäftsmodellinnovation vorteilhaft ergänzen. Solche Vorteile liegen beispielsweise in der Mischung aus analytischen Komponenten und praktischen Vorgehensweisen, die durch den Prozess des Verstehens und Definierens geprägt sind. Auch sind sie für die Entwicklung von Empathie zu Kunden und Anwender hilfreich. Darüber hinaus zeigte sich, dass Visualisierung und Tests wichtige Werkzeuge sind auf dem Weg, die Idee erfolgreich in einem Geschäftsmodell umzusetzen. Indes, Roland Fuchs verweist auch auf einige für den Innovationsprozess notwendige Elemente, die nicht durch Design Thinking abgedeckt werden. Dazu zählen beispielsweise kaufmännische Aspekte und die Implementierung des Geschäftsmodells. Zudem ist Design Thinking eine ressourcenintensive Vorgehensweise - was bei der Planung mit einkalkuliert werden sollte. Die Jury zeigte sich beeindruckt von dieser Masterarbeit. „Ein insgesamt innovativer Ansatz zur Beurteilung der Anwendbarkeit einer Design-Thinking-Methodik auf unterschiedliche Business Models“, urteilt die Jury. Der Masterand habe sich der anspruchsvollen Aufgabe gestellt, zwei neue Themengebiete Preisträger Roland Fuchs auf der Bühne im Interview, Foto: Oliver Steeger Preisträgerin Isabella Schweiger (Mitte) mit Juryleiterin Professor Yvonne Schoper und GPM Präsident Professor Helmut Klausing, Foto: Oliver Steeger mit bislang wenigen bekannten Veröffentlichungen zu bearbeiten. Herausgekommen sei eine rundum preiswürdige Arbeit. Ähnlich lobte die Jury die Bachelorarbeit „Agile project management in virtual teams - challenges, approaches and measures“ von Isabella Schweiger (Hochschule München; Fakultät für Betriebswirtschaftslehre; betreuende Professorin: Prof. Dr. Jessica Slamka). Isabella Schweiger absolvierte ihren deutsch-französischen Bachelor in Betriebswirtschaft an der Hochschule München sowie an der IDRAC Business School mit dem Schwerpunkt „Projektberatung und -management“. Anschließend nahm sie ihr englischsprachiges Masterstudium an der University of Southern Denmark auf. In ihrer Arbeit richtet Isabella Schweiger ihren Blick auf agiles Projektmanagement. Scrum hat sich seit seiner Einführung als solide Methode für das Projektmanagement erwiesen. Es unterstützt Unternehmen dabei, sich an die stetig wechselnden Anforderungen der globalen und dynamischen Märkte anzupassen. Zeitgleich mit der agilen Vorgehensweise hat sich im Projektmanagement ein zweiter Megatrend gebildet: die digitale und virtuelle Zusammenarbeit in Teams. Durch die Bildung virtueller Teams haben Unternehmen die Möglichkeit, Zugang zum globalen Pool talentierter Mitarbeiter zu finden. Die Schwierigkeit: Scrum ist ursprünglich für Teams konzipiert, deren Mitglieder am gleichen Ort arbeiten. Offenbar fehlte es lange an Empfehlungen, wie Scrum für den Einsatz in virtuellen Teams angepasst werden kann. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 66 NACHRICHTEN Der Psychologe und Coach Louis Lewitan sprach über Menschen, die zu leisen Tönen kaum fähig scheinen: emotionale Analphabeten. Foto: Oliver Steeger Über die Arbeit - und über leise Töne 400 Teilnehmer auf dem PMO Tag der GPM Kleine Schritte und leise Töne bringen weiter. Die Welt verändert sich enorm; ein gutes zwischenmenschliches Klima hilft, die Herausforderungen zu bewältigen. Zu diesem Fazit kamen die 400 Teilnehmer auf dem diesjährigen PMO Tag 2019. PMOs werden immer mehr zu Treibern der digitalen Transformation - und dies führt zu einem Wandel der Arbeitswelt. Von „New Work“ ist zunehmend die Rede, neuen Formen der Organisation, Kooperation und Kommunikation in Projekten. „Damit verbunden ist auch die Frage, wie wir künftig mit Menschen umgehen, wie wir sie mitnehmen und führen werden“, erklärte GPM Präsident Professor Helmut Klausing bei der Eröffnung des eintägigen Fachkongresses. „Es geht um mehr als nur um Tools“, sagte Astrid Beger, Leiterin des Fachbeirats des PMO Tags, „im Miteinander und in der Menschlichkeit liegen die Chancen für die Zukunft der Arbeit.“ Diese leisen Töne waren das Thema des neunten PMO Tags, der führenden deutschsprachigen PMO-Veranstaltung. Die Teilnehmer sammelten Best Practices und nutzten das offene Veranstaltungsformat zum intensiven Netzwerken. Neben drei markanten Keynotes bot der Kongress ein Dutzend Vorträge, Workshops und Diskussionsrunden. Passend zum Motto „Über die Arbeit und die leisen Töne“ standen die vier Streams unter den Stichwörtern „New PMO“, „New Work“, „Sounds of Performance“ und „Sounds of Silence“. Emotionale Analphabeten - mit diesem starken Wort nahm sich der Psychologe und Coach Louis Lewitan eine Gruppe von Managern vor, die zu leisen Tönen kaum fähig scheinen. Er meinte die „Macher“, jene Sorte Führungskraft, die viel in Bewegung setzt, aber kaum Menschen mitzunehmen vermag. Emotionale Analphabeten definieren sich über ihre Arbeit sowie ihre Stärke. Sie neigen zur Selbstüberschätzung und haben selten ihr eigenes Verhalten im Blick (wohl aber das anderer Menschen). Sie reden nicht über Emotionen. Sie halten Monologe, verhalten sich rigide und haben Angst, sich „einzulassen“ und Nähe zu gestatten. Ihr Prinzip: „Mitarbeiter unter Druck setzen - damit am Ende viel herauskommt.“ Erstaunlich häufig sind emotionale Analphabeten mit dieser Strategie erfolgreich. Die Schwierigkeit aber ist: Bei immer mehr Projekten, die neben Innovationen auch Veränderungen hervorbringen, werden emotionale Analphabeten zum Risiko. Sie sind kaum fähig, sich mit Menschen auf Augenhöhe auszutauschen, andere zu begreifen, mit anderen in Verbindung zu kommen und gemeinsam Lösungen zu gestalten. „Vor allem im Changemanagement ist kaum ein Projekt statisch“, sagte Louis Lewitan, „diese Vorhaben bringen Veränderungen mit sich. Wir können aber nichts erfolgreich verändern, wenn wir nicht die Auswirkungen auf andere begreifen.“ Was empfiehlt der Diplom-Psychologe aus München? Die Liste war umfangreich: sich psychologisches Wissen aneignen, Mitarbeiter begreifen lernen, Mitarbeitern Orientierung geben und Anerkennung zollen, Entscheidungen mutig fällen, Klartext sprechen, mit Sinn für Humor führen, auf sich selbst achten (und sich nicht zu Tode schuften). Vor allem einen Irrglauben sollten emotionale Analphabeten hinter sich lassen: dass sie Mitarbeiter durch Gehalt motivieren und steuern kön- Isabella Schweiger identifizierte Themengebiete, die für agiles Arbeiten in virtuellen Teams von Interesse sind: overall scrum event adaptability, daily scrum, coordination mechanism, communication style, standards and guidelines, member continuity and role maturity, role distribution and adaption sowie agile mindset. Auch führte sie in jeweils drei nationalen und internationalen Projekten Interviews mit den Entwicklern, Product Ownern und Scrum Mastern durch - also den typischen Scrum-Rollen. Daraus entwickelte sie einen Unternehmensleitfaden mit 15 Punkten, der erfolgreiches virtuelles Scrum Team Management unterstützt. „Die Arbeit greift ein Thema von aktuell hoher Relevanz auf“, urteilt die Jury und lobte den für eine Bachelorarbeit hochwertigen wissenschaftlichen Stil. „Es werden interessante Erkenntnisse zu dem berechtigten Anliegen abgeleitet, agile Konzepte stärker im Kontext virtueller Teams anzuwenden.“ Autor: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 67