PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projektorientierte Unternehmensführung
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Steffen Scheurer
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Projektorientierte Unternehmensführung Editorial Commercial Project Management DOI 10.2357/ PM-2020-0097 31. Jahrgang · 05/ 2020 Liebe Leserinnen und Leser, wir gehen dem Jahreswechsel 2020 / 21 entgegen. Es ist Brauch, dass Wirtschaftsforscher und die Volkswirte großer Banken prognostizieren, wie das kommende Jahr aus ökonomischer Perspektive verlaufen wird. Machen wir es dieses Mal anders! Blicken wir zurück auf das, was uns für 2020 in Aussicht gestellt wurde-- und schauen wir, was dies praktisch für uns im Projektmanagement bedeutet. Am 24. Januar 2020 ging die DB Research davon aus, dass sich die Weltwirtschaft auf ein Wachstum von 3,3 Prozent einstellen kann. Für Deutschland wurde ein Wachstum von 1,1 Prozent vorhergesagt, auch sollte es zu einem leichten Haushaltsüberschuss kommen. Einige Banken gingen für 2020 von einem DAX-Stand im Schnitt von 13.900 Punkten aus. Der Dow Jones sollte auf knapp 29.000 klettern. Die Ölpreise wurden mit ca. 62 Dollar für Brent Öl prognostiziert. Der Goldpreis sollte bis auf etwa 1.570 Dollar pro Unze steigen. Dies alles waren Prognosen unter Fortschreibung einer „normalen“ Entwicklung. Doch was war in 2020 schon „normal“? Entweder gar nichts- - oder alles. Je nach Sichtweise! Gar nichts, wenn wir die Prognosen in die Zukunft auf der Basis der bekannten Vergangenheitswerte fortschreiben. Alles, wenn wir davon ausgehen, dass die „neue Normalität“ eine Normalität mit Disruptionen ist. Unter Disruption sind „Störungen, Behinderungen, Unterbrechungen“ zu verstehen. Mit Covid-19 haben wir in 2020 eine echte Disruption erlebt! Was brachte uns diese Disruption? Eine Schrumpfung der Weltwirtschaft von 4 Prozent in 2020, wenn man der Prognose der DB Research vom 6. Oktober folgt. Für die EU wird eine Schrumpfung der Wirtschaft von 8 Prozent erwartet, für Deutschland von 5,5 Prozent. Deutschland wird nach Angaben des Bundesfinanzministeriums in den Jahren 2020 und 2021 bis zu 1,446 Billionen Euro zur Bewältigung der Corona-Krise ausgeben. Damit würde es nach Berechnungen der Bundesbank in 2020 auf ein Defizit von 7,5 Prozent des BIP zusteuern. Der Goldpreis stieg in 2020 bis über 2.000 Dollar. Der Ölpreis liegt im Oktober bei rund 40 Dollar für Brent Öl. Die Indizes der Aktienbörsen unterliegen starken Schwankungen. Wie geht’s weiter? Das hängt stark von der erfolgreichen Entwicklung eines Impfstoffes ab. Er könnte die nächste Disruption auslösen. Könnte, wie gesagt. Für viele Unternehmen kommt es durch diese Disruption zu gewaltigen Umbrüchen. Manche Unternehmen kämpfen ums Überleben, beispielsweise in Touristik, Gastronomie oder Luftverkehr. Bisher gut funktionierende Strategien müssen komplett infrage gestellt werden. Geschäftsmodelle müssen redefiniert und neu ausgerichtet werden. Andere Unternehmen wie zum Beispiel Toilettenpapierhersteller mussten im Jahr 2020 abwechselnd mit Boomphasen klarkommen- - denen schnell radikaler Nachfrageausfall folgte. Wie sollen Unternehmen mit solchen Schwankungsbreiten umgehen? Wie können Unternehmen anpassungsfähiger, agiler werden? Helfen könnte ein Blick auf das Unternehmen als Summe seiner Projekte. Projekte sind kleinere, dezentral am Markt und direkt am Kunden arbeitende Organisationseinheiten. Werden die Projektteams mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet, können diese selbstorganisierend und schnell auf die sich laufend verändernden Anforderungen von Kunden und Markt reagieren. Die Summe aller Projekte müssen natürlich im Sinne der übergeordneten Gesamtzielsetzung des Unternehmens koordiniert werden. Dafür brauchen wir eine Ausrichtung der Führungsfunktionen an den Projekten, also eine projektorientierte Unternehmensführung. Projektorientierte Unternehmensführung- - das ist dieses Mal unser Stichwort für dieses Heft! Wir wollen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, Aspekte der projektorientierten Unternehmensführung nahebringen. Eine zentrale Rolle kommt Führungskräften im Rahmen einer neu verstandenen projektorientierten Unternehmensführung zu. Martin-Niels Däfler geht in seinem Beitrag auf das veränderte Rollenverständnis von Projektleitern und Führungskräften ein, das in disruptiven Zeiten notwendig wird. Frank Döttling, Arlette Dumont du Voitel, Roland Dumont du Voitel und Gunnar Scheffler erklären in ihrem Beitrag das große Potenzial von PMOs für die strategische Projekt-Portfolio-Steuerung-- gerade in höchst dynamischen Umwelten. Eine reine Agilisierung des Projektmanagements greift zu kurz, um ein Unternehmen anpassungsfähiger zu machen. Andreas Schliep plädiert in seinem Beitrag dafür, das agile Unternehmen selber als Produkt anzusehen. Ihm geht es darum, den Wandel als echte Führungsaufgabe zu sehen und wie eine Produktentwicklung anzugehen. Eine agile Kultur ist Voraussetzung für den Umgang mit Disruptionen. Wie diese Kultur mit teamorientierter, nicht-hierarchischer Werthaltung und fokussierter Selbstverantwortung zu erreichen ist, dies zeigen Christian Majer und Ines Schubiger. Sie legen dar, wie eine solche Kulturveränderung unter Einsatz von Projektmanagement als Führungsinstrument gelingen kann. Sie beschreiben ein konkretes Changeprojekt (Digitalisierung bei viadonau) und machen entlang der einzelnen Projektphasen deutlich, wo die Herausforderungen in solch einem Changeprojekt liegen. Die Unterstützung des Projektmanagements durch das Senior Management ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Projektarbeit. Christian Rudischer, Dorothee Feldmüller und Gerhard Ortner berichten über die Ergebnisse einer Studie zu Governance-Strukturen in Projekten und Programmen, die von der Fachgruppe „PM goes Boardroom“ erarbeitet wurde. Projektmanagement findet längst in einer global vernetzten Welt statt. Aus dieser Vernetzung ergeben sich Chancen zur weltweiten Nutzung von Ressourcen. Zugleich aber entsteht ein neuer Bedarf an Kollaboration und technischer Integration im Projektmanagement. Die Covid-19-Pandemie hat wesentlich zum Einsatz leistungsfähiger IT- und PM-Tools für die Zusammenarbeit in virtuellen Teams beigetragen. Welche neue Regularien und Standardisierungsanforderungen 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0097 Editorial werden für die Projektarbeit der Zukunft auf Projekt-Plattformen benötigt? Wie verändert sich das Rollenverständnis der Projektleitung? Diese Fragestellungen werden in dem Beitrag von Doris Weßels und Eike Meyer aufgegriffen. Mit dem zeitlos aktuellen Thema der Ressourcenplanung in Projekten beschäftigt sich Dietmar Prudix in seinem Beitrag „Das Ressourcendrama“. Zum Schluss möchte ich Sie noch auf die Rezension von Heinz Schelle hinweisen. Ich hoffe, wir können Ihnen mit diesem Heft den einen oder anderen Gedankenanstoß in diesen schwierigen Zeiten liefern. Ich wünsche Ihnen-- bei allen Herausforderungen-- schöne Festtage und einen guten Start ins neue Jahr. Bleiben Sie gesund! Ihr Steffen Scheurer Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige Editorial | Commercial Project Management